Für seine Studie verglich das Forscherteam das Erbgut der Darmschleimhautzellen von Mäusen. Die eine Mausgruppe hatte ein normales Mikrobiom, die Artgenossen der anderen Gruppe waren unter sterilen Bedingungen aufgewachsen. Besonderes Augenmerk legten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dabei auf die Markierung der DNA mit Methylgruppen. Diese epigenetischen Markierungen machen die DNA an dieser Stelle für DNA-bindende Proteine unzugänglich. So drosseln sie die Aktivität dort liegender Gene.
Epigenetische Unterschiede
In diesen Methylierungsmustern zeigten sich große Unterschiede. Keimbesiedelte Tiere hatten im Vergleich zu den steril aufgezogenen Tieren eine Gruppe aktivierter „Wächtergene“, die im gesunden Darm für die normale Erneuerung der Darmschleimhaut zuständig sind. Diese epigenetische Programmierung zur Genaktivierung fehlte bei den keimfrei aufgewachsenen Tieren, so dass deren Darm keine Chance auf eine physiologische Regeneration der Darmschleimhaut hatte. Auch ein weiterer Versuch zeigte Unterschiede auf: Mittels einer Chemikalie lösten die Forscher einen Angriff und eine nachfolgende akute Entzündung der Darmschleimhaut aus. Bei den keimfreien Mäusen verursachte die Entzündung kaum Änderungen der Genaktivität. Ganz anders bei den Tieren mit normalem intestinalen Mikrobiom: Die Erbgutmethylierung in den Darmschleimhautzellen reduzierte sich drastisch. Zahlreiche regulatorische Elemente waren davon betroffen. Als Folge wurden viele Gene aktiviert, die sowohl bei Entzündung als auch bei Krebs eine Rolle spielen.
Entzündung und Krebs
Diese abweichende Methylierung hängt also mit den Bakterien zusammen. Wurde den keimfreien Mäusen das Mikrobiom der keimbesiedelten Artgenossen übertragen, so verringerte sich auch bei diesen Tieren die Methylierung der Darmschleimhautzellen. „Bei einer akuten Entzündung bewirken die Darmmikroben ebenfalls eine Änderung der Genaktivität, und es werden Gene fehlreguliert, die auch in Patienten mit Darmentzündungen und Darmkrebs fehlreguliert sind. Dies unterstreicht erneut die Schlüsselrolle der Mikroben in der epigenetischen Regulation“, so Frank Lyko vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), der das Kooperationsprojekt mit Yehudit Bergman von der Hebrew University durchführte.