Zinnorganische Verbindungen

Naturmedizin 5/2019

Zusammenhang mit Hypothyreose?

Die Prävalenz endokriner Störungen ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Als möglicher Grund wird die zunehmende Exposition mit endokrin aktiven Chemikalien (endocrine disruptive compounds, EDC) diskutiert. Besonders toxisch sind bestimmte zinnorganische Verbindungen, die in der Industrie dennoch vielfältig eingesetzt werden.
Zinnorganische Verbindungen, insbesondere Tributylzinn (TBT), werden hauptsächlich als Biozide in Schiffsanstrichen verwendet, sind aber auch in Textilien, Backpapier oder Windeln nachweisbar. Während die negativen Auswirkungen dieser EDCs auf den Östrogenhaushalt und das Reproduktionssystem inzwischen gut beschrieben sind, sind die Effekte auf die Schilddrüsenfunktion nur teilweise verstanden. Bisherige Daten zu diesem Thema lassen jedoch aufhorchen: Studien an Ratten ließen den Schluss zu, dass die Exposition mit TBT zu histopathologischen und ultrastrukturellen Veränderungen der Schilddrüse führt, etwa einer Vergrößerung der Kolloidzone und des Epitheliums sowie verstärkten Kollagenablagerungen. Weiterhin wurden geschwollene und vakuolisierte Schilddrüsenfollikelzellen, ein erweitertes endoplasmatisches Retikulum und Veränderungen der Zellkernmorphologie beobachtet.
Ein Großteil der Studien berichtete zudem über eine hemmende Wirkung zinnorganischer Verbindungen auf die Schilddrüsenhormonproduktion, weshalb schon länger ein Zusammenhang mit der Entstehung der Hypothyreose vermutet wird. So wiesen exponierte Versuchstiere einen niedrigeren T3- und T4-Spiegel auf, teilweise zeigten sich auch Unterschiede im TSH-Level. In einer Studie an dänischen Frauen korrelierte die plazentare Konzentration verschiedener zinnorganischer Verbindungen invers mit dem Spiegel an reversem T3, einem inaktiven Metaboliten des Thyroxins. Für eine eindeutige toxikologische Beurteilung sind aber noch zu wenig Daten über in-vivo-Effekte am Menschen vorhanden, was unter anderem am Fehlen standardisierter Analyseverfahren liegt.
ICD-Codes: E03.9

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