FOKO 2018 der Frauenärztlichen BundesAkademie (FBA)

Gyn-Depesche 2/2018

Verhütungs-Apps, präkonzeptionelle Beratung, Intimchirurgie

Verlieren Gynäkologen heute zu viele Patientinnen an andere Fachärzte, Heilpraktiker oder sogar Handy-Apps? Das legten zumindest einige Vorträge auf dem FOKO 2018 nahe – es wurde vor möglichen Folgen gewarnt.

Für den seit 2016 zu beobachtenden Anstieg an Schwangerschaftsabbrüchen in Deutschland sind laut Dr. Susanna Kramarz, Berlin, die sogenannten Verhütungs-Apps fürs Handy mit verantwortlich. Sie werden unter Mädchen und Frauen, die hormonfrei verhüten möchten, zunehmend beliebt. „Nur zwei dieser Apps sind von der Konzeption her so gemacht, dass sie den Namen ‚Verhütungs-App‘ verdienen“, kritisierte Kramarz. Als völlig ungeeignet bewertet Kramarz jene 80% der in deutscher Sprache erhältlichen Apps, die ausschließlich mit der Kalendermethode und/ oder Erfassung der morgendlichen Körpertemperatur arbeiten. Kramarz forderte: „Eine Zertifizierung von Verhütungs-Apps wäre ein wichtiger Schritt, um Frauen, die keine hormonelle Verhütung verwenden und sich bei ihrer hormonfreien Verhütung auf eine digitale Anwendung stützen wollen, bei der Wahl der Methode zu unterstützen.“
 
Von der Bedeutung präkonzeptioneller Beratungen
 
Dass die präkonzeptionelle Beratung von Frauen mit Kinderwunsch das Outcome in Bezug auf Schwangerschaftsverläufe und Kindesgesundheit verbessern kann, spiegelten zahlreiche Veranstaltungen wider. Kongresspräsident Dr. Christian Albring, Hannover, erinnerte an die steigende Zahl von Kindern mit fetalen Alkoholspektrumstörungen (FASD) und legte Kollegen ans Herz, Frauen ab Absetzen der Verhütung zum kompletten Alkoholverzicht zu motivieren. Prof. Bettina Toth, Innsbruck, verriet die wichtigsten Empfehlungen aus der S2k-Leitlinie „Habituelle Aborte“, die demnächst erscheinen wird. Frauen mit Adipositas sollen auf das metabolische Syndrom hin untersucht und zur Gewichtsreduktion angehalten werden. Patientinnen mit Autoimmunerkrankungen sollen schon präkonzeptionell interdisziplinär betreut werden. Bei Patientinnen mit habituellen Aborten ist unter anderem nach Fehlbildungen des Uterus, Schilddrüsenfehlfunktionen und dem Antiphospholipid- Syndrom zu fahnden. Toth betonte: „Ziel ist, dass wir in der Diagnostik noch weiterkommen, damit wir künftig die Zahl der Frauen mit wiederholten Spontanaborten, die ohne Diagnose bleiben, reduzieren können.“
 
Psychisch auffällige Patientinnen
 
Psychisch auffällige Patientinnen in der Frauenarztpraxis sind alles andere als selten, betonte Prof. Anke Rohde, Bonn. „Die schlimmsten Zwangspatientinnen, die ich je gesehen habe, waren Schwangere“, merkte sie an. Bei einem Promille aller Frauen kommt es zudem nach der Entbindung erstmals zu einer Psychose. Der Zeitraum rund um Schwangerschaft und Entbindung, aber auch die Wechseljahre können vielfältige Störungen triggern. Rohde riet Kollegen, bei Verdacht Patientinnen auf Ängste und schwerwiegende Erlebnisse, z. B. Missbrauch, anzusprechen. Sie verwies auf die guten Resultate von Verhaltenstherapien und/oder Behandlungen mit SSRI.
 
Nachsorge Mammakarzinom
 
Die S3-Leitlinie Brustkrebs wurde gerade aktualisiert – die wichtigste Neuerung: Der Nachsorgezeitraum umfasst nun zehn statt fünf Jahren. Dr. Klaus Doubek, Wiesbaden, gab Tipps zur Beratung jener Patientinnen, die nach der Erstbehandlung chronisch krank bleiben. Auch für Fragen zu komplementärmedizinischen Therapien wie Akupunktur oder Homöopathie sollten sich Gynäkologen als erste Ansprechpartner positionieren, statt die Patientinnen zu Heilpraktikern weiterziehen zu lassen. Doubek betonte: „Hier können wir definitiv bei der Unterscheidung helfen, welche alternativen oder zusätzlichen Therapieverfahren sinnvoll sind, welche zumindest nicht schädlich, welche reines Quacksalbertum.“
 
Im Spannungsfeld: Intimchirurgie
 
Intimchirurgie war eines der polarisierenden Themen des Kongresses. Dr. Marwan Nuwayhid, Leipzig, warb für die Eingriffe auch ohne medizinische Indikation: „Wir lassen uns gynäkologische Fälle aus der Hand nehmen, Dermatologen und plastische Chirurgen fangen das gerne auf.“ Die Intimchirurgie lag im Jahr 2016 laut VDÄPC mit 1815 Prozeduren auf Platz 5 der Rangliste der ästhetisch-plastisch chirurgischen Eingriffe in Deutschland. Viele im Publikum bewerteten diesen Trend als gefährlich und die Intimchirurgie nur zur Rekonstruktion als angebracht. So wie im Projekt TARGET in der Danakilwüste Äthiopiens, zu dem im Rahmen des FOKO 2018 eine Fotoausstellung stattfand. TARGET ermöglicht es Frauen nach pharaonischer Beschneidung, sexuell (wieder) aktiv zu sein und Kinder zu gebären. Vor allem aber werden Familien dort dank TARGET so beraten, dass mehr und mehr Mädchen die Genitalverstümmelung erspart bleibt. PP

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