Atopische Dermatitis

Arzt-Depesche 9/2020

TCM zur Behandlung der Neurodermitis

Eine aktuelle Übersicht konzentriert sich auf die bioaktiven Inhaltsstoffe, die pharmakodynamischen sowie molekularen Mechanismen und diskutiert die neuesten Forschungsergebnisse zu den TCM-Zubereitungen.
Die atopische Dermatitis (AD) ist eine häufige rezidivierende entzündliche Hauterkrankung, welche die Lebensqualität der Patienten stark beeinträchtigt und weltweit circa 25 % der Kinder und 2–3 % der Erwachsenen betrifft.
Derzeit werden zur Behandlung topische Therapeutika wie Emollenzien, Antihistaminika, Calcineurin-Hemmer, Glukokortikoide, Phototherapeutika, Antibiotika und Antiseptika eingesetzt. Da jedoch festgestellt wurde, dass AD-Patienten ein erhöhtes Risiko für Infektionen, Lymphome und für die Entwicklung von nicht melanotischem Hautkrebs haben und AD nicht geheilt werden kann, besteht die Notwendigkeit weiterer Forschungen, um den Patienten bestmögliche Therapien anbieten zu können.
 
Einteilung in Phänotypen
Je nach Vorhandensein oder Fehlen allergenspezifischer Immunglobulin-E (IgE)-Antikörper wird die AD in den extrinsischen und intrinsischen klinischen Phänotyp eingeteilt. Die extrinsische oder allergische AD ist durch hohe Gesamt-IgE-Spiegel gekennzeichnet. Im Gegensatz dazu finden sich beim intrinsischen Phänotyp, der nicht allergischen AD, normale IgE-Spiegel und spezifische IgEs fehlen.
 
Einsatz von TCM
Immer mehr Untersuchungen belegen, dass die traditionelle chinesische Medizin (TCM) mit ihren pflanzlichen Formulierungen und den bioaktiven Inhaltsstoffen, einen pharmakologischen Nutzen bei atopischer Dermatitis aufweist. Die TCM wird bereits seit 1.000 Jahren zur Behandlung von Neurodermitis, insbesondere zur Verhinderung eines akuten Schubs, zur Aufrechterhaltung einer langfristigen Remission und zur Verringerung der Krankheitslast eingesetzt.
 
Wie wirken TCMs?
Die meisten der in dieser Untersuchung analysierten TCMs wirken entzündungshemmend, antiallergisch, antioxidativ und haben antiangiogene Eigenschaften. Dabei werden die Symptome der AD durch verschiedene Mechanismen, wie die Wiederherstellung der Hautbarrieren, das Ausbalancieren der Th1/Th2-Spiegel (Th-Lymphozyten, T-Helferzellen) sowie die Regulierung der Zytokin- und Chemokinexpression, abgeschwächt – und das mit geringen Nebenwirkungen. Angesichts dieser vielfältigen Effekte könnte in klinischen Setting der Einsatz von TCM eine potenzielle Behandlungsmöglichkeit bei AD darstellen.
Die bioaktiven Inhaltsstoffe der TCMs verringern die Gesamt-IgE-Konzentration im Plasma sowie den Histamin- Spiegel, welche hauptsächlich die Akkumulation der Eosinophilen hemmen sowie die proinflammatorische Zytokinexpression in geschädigter Haut. Einige TCM-Bestandteile, z. B. Capsicum, haben antiproliferative und antidifferenziale Effekte auf CD4 (cluster of differentiation, CD) und T-Zellen, die darüber hinaus zur Hemmung von Th1-, Th2- und Th17-vermittelter Zelldifferenzierung führen können.
Des Weiteren führen die TCM-Bestandteile auch zur verstärkten Zytokinexpression und zur Expression von Chemokinen. Auch wurde verstärkt der Einfluss von TCMs auf entzündungsfördernde Faktoren wie RANTES (regulated on activation, normal T cell expressed and secreted), VCAM-1 (vascular cell adhesion molecule 1) und ICAM-1 (intercellular adhesion molecule 1) untersucht.
Derzeit laufen Untersuchungen, wie sich das zugunsten von Th2 entstandene Ungleichgewicht wieder in ein Th1/Th2- Gleichgewicht bringen lässt. Letztendlich könnten diese Ergebnisse den Einsatz von TCMs bei Juckreiz und Hautreizung rechtfertigen, die Hautbarriere wiederherstellen und die Lebensqualität der Patienten deutlich verbessern.
 
Fazit für die Praxis
Daten aus zahlreichen klinischen Studien haben gezeigt, dass TCMs die Krankheitssymptome verringern und die Lebensqualität deutlich verbessern können. Daher sehen die Autoren dieses Reviews im Einsatz der TCMs eine gute Option und Alternative zur Behandlung der atopischen Dermatitis.
Darüber hinaus zeigten sich in den Studien mit traditionellen Arzneimitteln keine oder nur leichte Nebenwirkungen wie Übelkeit und Durchfall (ohne statistischen Unterschied zwischen behandelten und unbehandelten Gruppen). Das deutet darauf hin, dass TCM-Formulierungen eine sichere Option für AD-Patienten darstellen könnte.
Die bisher in pflanzlichen Zubereitungen nachgewiesenen bioaktiven Verbindungen und Kräuterextrakte sind aktuell noch ein kleiner, bereits untersuchter Teil der TCM. Zahlreiche weitere Wirkstoffe müssen noch entdeckt und genauer untersucht werden. DM
Quelle: Yan F et al.: The formulae and biologically active ingredients of Chinese herbal medicines for the treatment of atopic dermatitis. Biomed Pharmacother 2020; 127:110142

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