Die Darm-Hirn-Achse, also die Verbindung des intestinalen Mikrobioms zum ZNS, wird für vieles mitverantwortlich gemacht: das Gewicht eines Menschen, für Autoimmunerkrankungen, Depressionen, psychische Erkrankungen oder Alzheimer. Dass Forscher:innen der Technischen Universität München (TUM) und des LMU Klinikums München diese Verbindung nun erstmals sichtbar machen konnten, gibt Anlass zur Hoffnung – etwa für MS-Erkrankte: Nun könnten die Therapien angepasst und die T-Zellen eventuell vor dem Eintreffen im Gehirn verändert werden.
Das Team um Thomas Korn, Professor für Experimentelle Neuroimmunologie an der TUM, hat nun eine Methode entwickelt, um Immunzellen von Mäusen durch photokonvertierbare Proteine zu markieren. Mit violettem Licht können die T-Zellen so sichtbar gemacht werden. Dies gelang den Forscheri:nnen am Mausmodell in Lymphknoten sowohl im Darm als auch in der Haut. So konnte das Team optisch nachverfolgen, wie die T-Zellen von dort ins Zentrale Nervensystem wanderten. T-Zellen aus der Haut wanderten in die graue und weiße Substanz des ZNS, T-Zellen aus dem Darm fast ausschließlich in die weiße Substanz. Bei den T-Zellen im Gehirn konnte ihre Herkunft immer noch abgelesen werden. „Diese Erkenntnisse sind so bedeutsam, da damit erstmals gezeigt wurde, dass Umwelteinflüsse die T-Zellen in den Darm- oder Hautlymphknoten prägen und dann diese Informationen mit in die Organe transportieren, die weit entfernt liegen“, sagt Prof. Thomas Korn. „Die Eigenschaften der T-Zellen sind dabei so stabil, dass wir feststellen konnten, ob die Immunreaktionen durch Haut- oder Darm-T-Zellen beeinflusst werden“, erklärt Dr. Eduardo Beltrán, der wesentlich zur bioinformatischen Analyse der untersuchten Immunzellen beigetragen hat. Das Immunsystem wird von Umweltfaktoren beeinflusst – bei Patient:innen mit MS auch im ZNS. T-Zellen sammeln Informationen und transportieren diese bei Patient:innen mit MS in das Zentrale Nervensystem, wo dann eine Immunreaktion ausgelöst wird. Wie und von welchem Ausgangspunkt die T-Zellen tatsächlich ins ZNS gelangen, war allerdings lange unklar. Die Ergebnisse sind also wichtig. „Wüßte man nämlich, ob Darm- oder Hautzellen die Erkrankung ausgelöst haben, könnte man die T-Zellen am Ausgangspunkt der Erkrankung behandeln und Vorhersagen für das Fortschreiten der chronischen Entzündung und der Autoimmunität treffen“ erläutert Michael Hiltensperger, Erstautor der Studie. Auch für andere Autoimmunerkrankungen oder Krebs könnten die Erkenntnisse einen Durchbruch für die Therapie bedeuten.