Kognitive Störungen und Verhaltensprobleme bei ALS

Neuro-Depesche 11-12/2019

Schon früh sind viele Patienten beeinträchtigt

Bei der Motoneuron-Krankheit amyotrophe Lateralsklerose (ALS) werden kognitive Defizite nicht als Kernmerkmal angesehen. Deren Häufigkeit und Zusammenhänge mit dem Krankheitsstadium wurden jetzt in einer recht großen britischen Kohortenstudie erfasst.
Kommentar
ALS-spezifische kognitive Defizite und Verhaltensstörungen nehmen im Krankheitsverlauf deutlich zu. In fortgeschrittenen Stadien ist nur ein geringer Prozentsatz der Patienten frei von neuropsychologischen Beeinträchtigungen. Kognitive und Verhaltens-Änderungen sollten den Autoren zufolge in die ALS-Diagnosekriterien und zukünftige Staging-Systeme einbezogen werden.
Für die Beobachtungsstudie wurden in Dublin, Edinburgh und London 161 ALSPatienten rekrutiert. Bei 88 % war die Diagnose erst vor ≤ 12 Monaten gestellt worden. Das ALS-Stadium wurde mit dem King’s Clinical Staging System, der funktionelle Status mit der ALS Functional Rating Scale – Revised (ALSFRS-R) erfasst. Die Bewertung von Kognition und Verhalten erfolgte mit dem Edinburgh Cognitive and Behavioral ALS Screen (ECAS).
28,5 % dieser zumeist im frühen Stadium befindlichen ALS-Patienten wiesen nach ECAS-Gesamtscore kognitive Beeinträchtigungen auf, 27 % in den ALS-spezifischen Items, am häufigsten im Buchstabentest (30,4 %), gefolgt von Exekutivfunktionen (22,5 %) und Störungen der Sprache (21,3 %) sowie deutlich seltener bei 19,4 % auffällige ALS-unspezifische Items, also Gedächtnis (16,8 %) und visuospatiale Beeinträchtigungen (9,4 %). Mindestens eine Verhaltensauffälligkeit lag bei 39,6 % der Patienten vor: Apathie (30,9 %), Empathieverlust (27,5 %), gestörtes Essverhalten (24,8 %), Perseverationen (24,8 %) und Enthemmung (15,4 %).
Signifikant mit dem Krankheitsstadium korreliert war die Häufigkeit ALS-spezifischer kognitiver Beeinträchtigungen (p = 0,022) und Verhaltensprobleme (p < 0,001), nicht aber die der ALS-unspezifischen Funktionen. Nach multivariater Anpassung signifikant waren dies nur die Flüssigkeit im Buchstaben-Test (p = 0,001) auf der einen Seite sowie Apathie (p < 0,001), Enthemmung (p = 0,012), Empathieverlust (p = 0,005), Perseverationen (p = 0,036) und Essstörungen (p = 0,012) andererseits. HL
Quelle: Crockford C et al: ALS-specific cognitive and behavior changes associated with advancing disease stage in ALS. Neurology 2018; 91(15) :e1370-80 [Epub 12. Sept.; doi: 10.1212/WNL.0000000000006317]

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