Anthroposophische Medizin

Naturmedizin 1/2021

Ressourcennutzung in integrativen pädiatrischen Abteilungen

Integrative Medizin (IM) kombiniert konventionelle und komplementäre Therapien. Ziel ist es, biologische, psychologische, soziale, spirituelle und ökologische Aspekte der Gesundheit von Patienten zu behandeln. In den letzten 20 Jahren hat laut den Autoren einer aktuellen Analyse die Verwendung und die Nachfrage von IM bei Kindern und Erwachsenen zugenommen. Die Anthroposophische Medizin (AM) sei also ein IM-Ansatz, der in Deutschland häufig auch bei Kindern angewendet wird. Sowohl aus Sicht der öffentlichen Gesundheit als auch aus gesundheitsökonomischer Sicht sei es wichtig zu untersuchen, ob es Unterschiede in der Ressourcennutzung zwischen integrativen pädiatrischen Abteilungen (IPA) und der Gesamtheit aller pädiatrischen Abteilungen gibt.
Massage – Beispiel für eine anthroposophische Behandlungsform
Äußere Anwendungen sind ein Herzstück anthroposophischer Pflege: Wickel, Auflagen, Waschungen und Einreibungen. Rhythmische Massagen bzw. Einreibungen sollen Gesundung und Heilung auf leiblicher, geistiger und seelischer Ebene unterstützen. Die Hände werden rhythmisch, streichend und kreisend über das entsprechende Körperteil geführt. Charakteristisch sind die spezifische Berührungsqualität und spezielle Bewegungsabläufe, die die Durchblutung fördern, den Stoffwechsel anregen und der Wärmebildung und -verteilung dienen. Die Maßnahmen lösen individuelle Reaktionen bei dem Patienten aus und unterstützen die Selbstheilungskräfte. Es werden naturreine Öle und Salben verwendet. Diese Behandlungsform wurde von der Ärztin Ita Wegman im Rahmen der anthroposophischen Medizin entwickelt und durch Dr. Margarethe Hauschka weiter ausgearbeitet. Sie wird durch Pflegende mit entsprechender Zusatzausbildung ausgeführt.
In Deutschland gibt es zwei integrative Krankenhäuser mit Schwerpunkt Anthroposophische Medizin und mit pädiatrischen stationären Abteilungen: das Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke (GKH) bei Dortmund und die Filderklinik in Filderstadt bei Stuttgart. Beide Krankenhäuser behandeln Kinder mit verschiedenen Krankheiten, die von der allgemeinen Pädiatrie bis zu Spezialgebieten reichen.
Die pädiatrische Abteilung der Filderklinik behandelt laut Fetz et al. durchschnittlich 1.245 Patienten pro Jahr. Neben der allgemeinen Pädiatrie spezifiziert die Filderklinik in den Bereichen Neurologie, psychosomatische Störungen, Neonatologie, Endokrinologie, Pulmonologie und Kardiologie für Kinder. In der Kinderstation der GKH werden durchschnittlich 1.750 Patienten pro Jahr behandelt. Das GKH praktiziert neben der allgemeinen Pädiatrie Diabetologie, Onkologie, Neonatologie, Rheumatologie, Psychosomatik und Neurologie bei Kindern.
Das Personal besteht aus Ärzten, Pflegepersonal, Apothekern und Therapeuten, die alle in integrativer Medizin ausgebildet sind.
Diagnose und Behandlung in beiden Krankenhäusern entsprechen laut Fetz et al. den offiziellen pädiatrischen Richtlinien der wissenschaftlichen Gesellschaften und umfassen darüber hinaus Behandlungsoptionen aus der Anthroposophischen Medizin. Diese anthroposophische Behandlung umfasst: ergänzende Pharmakotherapie, Heilbäder, rhythmische Massagen, Kompressen und Einreibungen (rhythmische Massagen mit ätherischen Ölen, s.u.) sowie Kunsttherapie, Eurythmie, Sprachtherapien, Musiktherapie und Licht- / Farbtherapie. Beide Krankenhäuser sind Teil der deutschen regulären medizinischen Versorgung und werden somit von den gesetzlichen Krankenversicherern finanziert.
 
Analyse-Ergebnisse
Die Autoren berichten, dass die Verweildauer in der IPA signifikant kürzer war als die von der DRG definierte Verweildauer. Im Vergleich zu allen pädiatrischen Abteilungen war die Verweildauer in der IPA allerdings signifikant länger. Der effektive Case Mix Index bei IPA und allen pädiatrischen Abteilungen war identisch. Die Häufigkeiten von DRG und Hauptdiagnosegruppen unterschied sich zwischen IPA und allen pädiatrischen Abteilungen, wobei in IPA DRG und Hauptdiagnosegruppen im Bereich der chronischen und schweren Erkrankungen häufiger waren.
Die Autoren schlussfolgern, dass die Behandlung in integrativen anthroposophischen pädiatrischen Abteilungen gut zu den DRG-definierten Bedingungen für die Verweildauer passt, obwohl integrative pädiatrische Patienten eine längere Verweildauer von durchschnittlich einem Tag haben, was höchstwahrscheinlich mit zeitaufwändigen, komplexen integrativen Behandlungsansätzen zu tun hat und bis zu einem gewissen Grad mit einer höheren Anzahl von Patienten mit chronischen und schweren Krankheiten.
Quelle: Fetz K et al.: Comparative analysis of resource utilization in integrative anthroposophic and all German pediatric inpatient departments. BMC Health Serv Res. 2020 Oct 12; 20(1): 939. doi: 10.1186/s12913-020-05782-6.

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