Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie & Geburtshilfe 2018

Gyn-Depesche 1/2019

Neues zu Dyspareunie, eHealth und Inkontinenz

Der vergangene „Gynäkologenkongress“ (DGGG) in Berlin bot über 5.000 Teilnehmern wissenschaftlich gesicherte Fakten und wertvolle Expertentipps für die Behandlung und Gesundheitsvorsorge bei Frauen jeden Alters.

Das Eis des Schweigens brechen
Die Dyspareunie ist laut Dr. Julia Bartley, Berlin, ein in der gynäkologischen Praxis vernachlässigtes Problem. Bartley zufolge ist es eine ärztliche Aufgabe, das Thema aktiv anzusprechen und den Betroffenen Hilfe anzubieten. Zu den häufigsten Ursachen bei Frauen ab der Menopause gehören die vulvovaginale Atrophie (VVA). Wie die europäische Studie EVES mit 2.160 Teilnehmerinnen im Alter von 45 bis 75 zeigte, leiden 90 % aller postmenopausalen Frauen an Beschwerden aufgrund einer VVA, was sich auch in einer Beeinträchtigung der Lebensqualität niederschlug. Als wirksame Behandlungsoptionen nannte Bartley Gleitmittel und Feuchtigkeitscreme, lokale oder systemische Estrogenanwendungen, selektive Estrogenrezeptormodulation (SERM), das in der EU bislang nicht als Arzneimittel zugelassene Dehydroepiandrosteron (DHEA) und Lasertherapie.
 
Pressen mit Blick auf den Monitor?
Entgegen der Skepsis vieler Kollegen brach Prof. Karim Kalache, Dohar, Katar, eine Lanze für den intrapartalen translabialen, transperinealen Ultraschall. Laut Kalache gibt es bislang keine Studie, die gezeigt hat, dass in der Austreibungsphase die vaginale Untersuchung noch brauchbare und zuverlässige Informationen über Position und Stellung des Fetus gibt. Nach Kalaches Einschätzung ist hier die Sonographie überlegen, und nun geht es darum, in geeigneten Studien zu untersuchen, ob sich deren Anwendung positiv auf den Geburtsverlauf auswirkt. In einer belgischen Studie stuften 71 % von insgesamt 33 Gebärenden den Ultraschall als angenehmer ein als die vaginale Untersuchung. Die befragten Hebammen dagegen bevorzugten mehrheitlich die manuelle vaginale Untersuchung. In einer randomisiert kontrollierten Pilotstudie in Italien mit insgesamt 40 Nulliparae war bei denjenigen, die beim Pressen auf das Echtzeit-Ultraschallbild schauen durften, die Austreibungsphase kürzer und die Zunahme des Progressionswinkels innerhalb der ersten 20 Minuten größer als bei den Frauen, die konventionell zum Pressen angehalten wurden.
 
Die meisten Verhütungsapps taugen nichts
Eine Vielzahl von Verhütungsapps überschwemmt derzeit den Markt. Die meisten davon hält Dr. Petra Frank-Hermann, Heidelberg, für unbrauchbar. Prognose-Apps, die angeblich das fertile Fenster vorhersagen können, hält sie für besonders tückisch, da sie die eingegebenen Daten gar nicht für die Fertilitätsprognose im selben Zyklus verwenden. Etwas besser seien NFP-Apps, die auf den bewährten und systematisch evaluierten symptothermalen Methoden basieren. Dazu zählen z. B. die Apps Lady Cycle, myNFP, Neome oder Lily. „Voraussetzung ist allerdings, dass die Nutzerinnen lernen, ihren Körper gut zu beobachten und dass sie Zugang zu einem qualifizierten Beratungsservice haben“, betonte Frank-Hermann. Apps mit neuen Parametern, beispielsweise der Hormonkonzentration im Speichel, oder die über eine Art Fitnessarmband gemessene nächtliche Körpertemperatur, seien noch zu wenig evaluiert, um ihre Sicherheit beurteilen zu können.
 
Suburethrales Band über retropubischen Zugang
Mehr als ein Drittel aller über 40-jährigen Frauen hat Dr. Gert Naumann, Erfurt, zufolge eine behandlungsbedürftige Belastungsharninkontinenz. Als konservative Maßnahmen werden unter anderem Gewichtsreduktion, Pessartherapie und Beckenbodentraining empfohlen. Erst nach Ausschöpfen der konservativen Therapie sollte eine OP in Betracht gezogen werden. Die Anlage suburethraler spannungsfreier Bänder hat sich Naumann zufolge in den letzten Jahren als Methode der Wahl durchgesetzt. Dabei sei der retropubische Zugang am besten untersucht. In 2018 wurden mehrere Studien veröffentlicht, die die hohe Wirksamkeit des Verfahrens belegen, mit objektiven Kontinenzraten bis zu 90 % und subjektiven Kontinenz-und Besserungsraten von 80 bis 87 %. TH
ICD-Codes: N94.1 , R32

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