Kurzinterview

Naturmedizin 1/2020

mit Frau Professor Dr. Mechsner im Hinblick auf die ENDODAYS am 27.3. in Berlin

„Endometriose-Behandlung muss individuell an die betroffene Frau angepasst werden“
Sehr geehrte Frau Prof. Mechsner, am 27.3. finden in Berlin die EndoDays des Fortbildungskollegs zum Thema Endometriose statt. Unter anderem werden dabei die Schwerpunkte Pathogenese und Pathophysiologie sowie Diagnostik behandelt. Wie können Sie es sich erklären, dass die Endometriose so selten diagnostiziert wird bzw. warum häufig eine lange Zeit vergeht, bis die Diagnose gestellt wird?
Mit der Erkrankung Endometriose meint man das Vorkommen von Endometrium-artigen Gewebe außerhalb der Gebärmutterhöhle. Diese Herde können auf dem Bauchfell im kleinen Becken sitzen, aber auch zu Zysten und tief infiltrierenden Herden führen. Erst eine fortgeschrittene Endometriose ist im Tastbefund oder Ultraschall erkennbar. Die meisten betroffenen Frauen klagen aber schon deutlich eher über Beschwerden, bevor diese zu sichtbaren Veränderungen führen. Und so stehen dann die Beschwerden dem unauffälligen Untersuchungsbefund gegenüber, was die Diagnosestellung erschwert. In so einer Situation wird dann den jungen Frauen sowohl aus dem engeren Umfeld (Familie) als auch vom Frauenarzt vermittelt, dass Regelschmerzen ja auch „normal“ sind und „dazu gehören“. Daher werden Schmerzen häufig über Jahre akzeptiert, ohne nochmal kritisch hinterfragt zu werden. Erst wenn dann die Schmerzen zu unerträglich werden suchen die Frauen erneut Rat.
 
Sie sind ja im engen interdisziplinären Austausch mit anderen Fachbereichen und Verfechterin von komplexen, multimodalen individuellen Therapiekonzepten. Mit welchen Fachdisziplinen arbeiten Sie hierbei zusammen und welche Erfolge konnten Sie damit bereits erzielen?
Ich bin inzwischen sehr begeistert von unserer interdisziplinären Zusammenarbeit, dies ist auch ein sehr fruchtbarer Austausch und hilft die Erkrankung aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten und zu verstehen. Dabei arbeiten wir unter anderem mit folgenden Fachdisziplinen zusammen: Reproduktionsmedizin, Schmerztherapie, Physikalische Medizin, Psychosomatik und Psychologen, Chirurgie und Urologie, Radiologen, Ernährungsberatung, Rehazentren, Komplementäre Verfahren (TCM, Osteopathie, Neutraltherapie) Sie sehen, die Liste ist lang und man könnte sie noch weiter fortsetzen. Es wird mehr und mehr klar, dass fast nie ein standardisiertes Vorgehen, sondern immer eine individuelle Beratung mit individuellem Konzept erarbeitet werden muss – ganz auf die Bedürfnisse der betroffenen Frau angepasst
 
Wann ist aus Ihrer Sicht eine operative Therapie indiziert?
Eine Operation macht dann Sinn, wenn z. B. konservative Therapiemaßnahmen nicht greifen oder Kinderwunsch bzw. bereits eine Sterilität besteht. Bei Befunden an den Harnleitern, der Blase und/oder dem Darm, besteht die Gefahr der Organdestruktion, so dass auch hier operative Indikationen bestehen. Operationsplanungen sollen aber immer vor dem individuellen Hintergrund der Familienplanung gestellt werden und diesen mit berücksichtigen. So macht z. B. eine Operation eines kleinen Endometrioms bei an sich asymptomatischer Patientin keinen Sinn, ohne vorher auch über die Familienplanung gesprochen zu haben. Hier kann ggf. zunächst eine medikamentöse Therapie sinnvoller sein bis der Kinderwunsch aktuell ist und man dann der Situation entsprechend handeln kann.
 
Sie werden ja am 27.3. bei den EndoDays in Berlin als Referentin fungieren. Welche Botschaft ist Ihnen dabei besonders wichtig, die Sie Ihren Kollegen vermitteln möchten?
Es sollten sich alle trauen die Diagnose auszusprechen, bzw. im Auge zu haben, wenn die Beschwerden das Vorliegen der Erkrankung nahelegen (auch ohne sichtbare/ tastbare Organveränderungen). Wichtig ist in meinen Augen, die Frauen mit ihren Beschwerden wahr zu nehmen und ihnen eine Behandlung anzubieten und sei es sie über eine multimodale Schmerztherapie zu beraten und/oder frühzeitig eine therapeutische Amenorrhoe bei entsprechenden Beschwerden zu versuchen. Damit kann meines Erachtens eine Chronifizierung der Schmerzen mit umfassenden sekundären Veränderungen langfristig vermieden werden.
 
Sehr geehrte Frau Prof. Mechsner, wir danken Ihnen für das Gespräch und freuen uns auf die ENDODAYS in Berlin!

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x