Bildgebungsstudie bei erwachsenen Patienten

Neuro-Depesche 7-8/2020

Markante Kleinhirn-Degeneration

Es mehren sich die Hinweise, dass sich die pathologischen Veränderungen bei der spinalen Muskelatrophie (SMA) nicht auf die Motoneuronen beschränken. In einer In-vivo-Neuroimaging-Studie wies ein brasilianisch-französisches Team jetzt bei erwachsenen SMA-Patienten markante Volumenreduktion in mehreren zerebellären Lobuli nach.
Kommentar
Den Strukturveränderungen des Kleinhirns zufolge ist die Neurodegeneration bei der SMA nicht auf die unteren Motoneuronen beschränkt. Die Daten stützen vielmehr die Hypothese einer ubiquitären neuronalen Schädigung. Pathophysiologisch dürfte die zerebelläre Degeneration sekundär zur defizitären Expression des Survival moto neurons 1 (SMN1)-Proteins in Neuronen und/oder Astrozyten bzw. Mikroglia-Zellen erfolgen.
Eingeschlossen wurde eine Gruppe von 25 nicht mit krankheitsmodifizierenden Medikamenten behandelten Patienten mit einer molekulargenetisch bestätigten SMA vom Typ III oder IV im Alter von 18 bis 66, durchschnittlich ca. 41 Jahren. Sie und 25 gesunde Kontrollpersonen unterzogen sich einer zerebellär fokussierten MRT-Strukturanalyse (mit automatisierter Segmentierung mittels CERES). Zwischen den beiden Gruppen verglichen wurden die Volumina des gesamten Kleinhirns und einzelner Lobuli sowie der grauen Substanz (GM) und die kortikale Dicke der Läppchen.
 
Lobuli VIIIB, IX und X verkleinert
Das Volumen dreier Kleinhirnläppchen war bei Patienten mit SMA signifikant kleiner: rechter VIIIB (p = 0,039) sowie bilateral Lobulus IX (p = 0,011) und Lobuluss X (p = 0,049). Lobulus IX wies im Vergleich zur Kontrollgruppe zudem auch eine signifikante GM-Atrophie auf. Diese drei betroffenen Lobuli sind maßgeblich für den propriozeptiven sensorischen Output verantwortlich.
Im weiteren Datenabgleich fanden sich allerdings wider Erwarten keine signifikanten Korrelationen der strukturellen Kleinhirn-Veränderungen mit klinischen Befunden und anderen Merkmalen der Studienteilnehmer. Dies betraf u. a. die Werte der SMA Functional Rating Scale (SMAFRS), die Muskelkraft der unteren oder oberen Gliedmaßen nach Medical Research Council (MRC), SMA-Typ, Zahl der SMN2-Kopien, Krankheitsdauer, Alter bei MRT-Untersuchung und zu Krankheitsbeginn sowie das Geschlecht. Ebenso wenig korrelierten sie mit respiratorischen und bulbären Symptomen, Faszikulationen und Tremor. JL
Quelle: de Borba FC et al.: Cerebellar degeneration in adult spinal muscular atrophy patients. J Neurol 2020 [Epub 10. Mai; doi: org/10.1007/s00415-020- 09875-4]

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