Körper, Geist und Seele

Naturmedizin 6/2019

Licht – auf das Timing kommt es an

Sonne und Licht gelten in der Naturheilkunde traditionell als wichtige Wirk- und Heilfaktoren. Aktuelle Erkenntnisse aus der Chronobiologie bieten jetzt ergänzende Perspektiven hinsichtlich der großen Bedeutung des richtigen „Timings“. Wie können schon durch einfache Lebensstilbeobachtung und -modifikation positive gesundheitliche Wirkungen erzielt werden?
Unsere innere Uhr ist beeinflusst durch einen langen Evolutionsprozess. Wir teilen sie mit allen Lebewesen: von den Säugetieren bis hin zu Einzellern und Pflanzen. Diese „Timing-Funktion“ hat den Zweck, lebenswichtige Vorhersagen auf einem Planeten zu machen, dessen Leben von einem Tag-und-Nacht-Rhythmus bestimmt wird: Wann wird Nahrung vorhanden sein? Wann kann sich der Körper voraussichtlich ausruhen? Unser Körper bereitet sich schon im Vorhinein auf die Bedingungen in der Außenwelt vor, die ungefähr alle 24 Stunden, also zirkadian, wiederkehren.
Für wild lebende Tiere würde ein Leben gegen die innere Uhr bedeuten, zu verhungern oder gefressen zu werden. In modernen Gesellschaften lebende Menschen dagegen können ein falsches Timing über zivilisatorische und technische Errungenschaften teilweise kompensieren. Wer aber einmal durch mehrere Zeitzonen gereist ist, kennt den Jetlag und weiß, wie stark er Befinden und Leistungsfähigkeit beeinträchtigen kann.
 
Social Jetlag
Bei Schichtarbeitern, die langfristig ihre innere Uhr ignorieren müssen, verfügt man inzwischen über immer genauere Daten über die damit verbundenen zahlreichen Gesundheitsgefahren. Aber auch Menschen, die keine Schichtarbeiter im traditionellen Sinne sind, leiden oft unter dem sogenannten Social Jetlag – so nennen das Phänomen Chronobiologen wie der renommierte deutsche Wissenschaftler Till Roenneberg (Roenneberg 2010). Gemeint ist: Gewohnheiten und soziale Zwänge wie vorgegebene Arbeits- und Schulzeiten irritieren unsere innere Uhr. Generell gilt, dass ältere Menschen empfindlicher auf Störungen des zirkadianen Rhythmus reagieren als junge Menschen, die oft besser kompensieren können. (Siehe zum zirkadianen Rhythmus auch den Artikel des Autors in der Naturmed Depesche 5/2019, S. 27-30.)
In diesem Artikel soll sich auf die Wirkung des Lichtes über die Netzhaut konzentriert und gezeigt werden, wie durch Lebensstilbeobachtung bzw. Anamnese herausgefunden werden kann, ob eventuell der Umgang mit Licht für vorhandene Gesundheitsprobleme verantwortlich ist, und wenn ja, wie Lebensstilveränderungen Abhilfe schaffen können. Die These heutiger Chronobiologen ist, dass so z. B. chronischer Müdigkeit oder Schlafstörungen effizient begegnet werden kann. Vielen chronischen und schwerwiegenden Erkrankungen kann vorgebeugt werden. Die Behandlung von Erkrankungen wie Depression oder Migräne mit Lichtund Heliotherapie muss in diesem Artikel aus Fokussierungsgründen ausgespart werden.
 

Wir werden zu Schichtarbeitern

Bei Schichtarbeitern treten gehäuft Magen-Darm-Leiden, Adipositas, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und bestimmte Krebsarten auf (vgl. u. a. Lahti 2008, Scheer et al. 2009). Ein wichtiger negativer Faktor ist der gestörte zirkadiane Rhythmus. In Europa definiert man als Schichtarbeiter die Personen, die mehr als 50 Tage im Jahr drei Stunden oder mehr zwischen 22 Uhr abends und 5 Uhr morgens wach sind (Panda 2018). Also macht unsere Lebensweise inzwischen fast uns alle zu „Schichtarbeitern“:
  • Traditionelle Schichtarbeit: Etwa ein Viertel aller Menschen in zivilen Berufen sind Schichtarbeiter, in Industrie, Rettungsdienst, Gesundheitsdienst, Verkehr usw.
  • Schichtarbeiterähnliche Lebensweise: Oberschüler*, Studenten, Musiker, darstellende Künstler, Mütter von Neugeborenen, pflegende Angehörige, Partner von Schichtarbeitern usw. (*Jugendliche trifft der viel zu frühe Schulanfang zu einem Zeitpunkt, zu dem für viele von ihnen ihre biologische Uhr noch auf kurz nach Mitternacht steht.)
  • Gig Economy: Traditionelle „Nine-to-five-Jobs” werden zunehmend in zeitlich sehr flexible Auftragsarbeiten umgewandelt: Teilzeitfahrer, Auslieferer, Freelancer usw.
  • Jetlag: Er tritt beim Überqueren von zwei oder mehr Zeitzonen innerhalb eines Tages auf. Fast acht Millionen Menschen steigen jeden Tag ins Flugzeug.
  • Social Jetlag: Durch verschiedene soziale Verpflichtungen und Angewohnheiten wird gegen die innere Uhr gelebt: Arbeitszeiten, Feiern, Familie. Ein Zeichen für das Vorhandensein ist es, wenn man am Wochenende länger schläft und mindestens zwei Stunden später aufwacht. Dies betrifft fast die Hälfte der Bevölkerung in westlichen Industriestaaten.
  • Digital Jetlag: Immer mehr Menschen arbeiten mit anderen über mehr als zwei Zeitzonen hinweg zusammen.
  • Geografische Extreme: In den äußeren nördlichen und südlichen Breitengraden kommt es zu Extremen: im Winter zu wenig Tageslicht, im Sommer zu viel. (Panda 2018)

Es gilt also herauszufinden, ob der zirkadiane Rhythmus eines Patienten beeinträchtigt ist. Dies kann sich u. a. in einem gestörten Schlaf ausdrücken. Tabelle 1 zeigt normale und abweichende Werte.

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