Problematisches Sexualverhalten

Praxis-Depesche 6/2020

Lernen, den Impuls zu kontrollieren

Sexuell unangebrachtes Verhalten ist bei Menschen mit Entwicklungsstörung oder geistiger Behinderung häufig. Die Forschung zu Verhaltensmaßnahmen ist aber begrenzt, da das Thema noch immer ein Tabu ist. Dabei gibt es gute Ansätze.
Moralische Appelle sind bei Problemen der Impulskontrolle unangemessen. Man kann jedoch versuchen, die Impulskontrolle zu stärken. Eine Option ist die so genannte differenzielle Verstärkung, bei der erwünschtes Verhalten bekräftigt wird. Bei der differenziellen Verstärkung anderen Verhaltens wird ein Patient belohnt, wenn er in einem festgelegten Zeitraum kein unangebrachtes Verhalten zeigt. Bei einem 26-jährigen Mann, der durch das Anfassen fremder Genitalien auffiel, war diese Strategie erfolgreich: Er verdiente sich bei angemessenem Verhalten Gutscheine, die er gegen bevorzugte Lebensmittel oder Freizeitaktivitäten eintauschen konnte. Verhielt er sich unangebracht, wurden ihm Wertmarken entzogen. Auch die differenzielle Verstärkung alternativen Verhaltens hat sich in vielen Fällen bewährt. Dabei werden positive Alternativen zum Problemverhalten belohnt. Ob die gleichzeitige Bestrafung von unerwünschtem Verhalten den Therapieerfolg erhöht, ist noch nicht abschließend geklärt.
Trotzdem ist es schwer vorherzusagen, welche Therapie bei welchem Patienten anschlägt. Für tiefergehende Studien müsste das Thema sowohl in der Medizin als auch in der breiten Öffentlichkeit mehr ins Interesse rücken, so Experten. RG
Quelle: Falligant JM, Pence ST: Interventions for inappropriate sexual behavior in individuals with intellectual and developmental disabilities ... J Appl Behav Anal 2020, Epub Apr 28; doi: 10.1002/jaba.716

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