Ejaculatio praecox – nicht nur ein Männerproblem

Gyn-Depesche 2/2018

Komplementäre und alternative Therapien bei vorzeitigem Samenerguss

Es existieren zahlreiche „männliche Faktoren“, die mit einer weiblichen sexuellen Dysfunktion (FSD) assoziiert sein können. In einer aktuellen Studie wurde speziell der Zusammenhang der Ejaculatio praecox (EP) mit der sexuellen Funktion der Partnerin ermittelt (bestimmt mittels FSFI, female sexual function index). Es zeigte sich, dass Partnerinnen von Männern mit EP im Durchschnitt einen signifikant geringeren FSFI- Score erreichten, demnach häufiger eine sexuelle Dysfunktion aufwiesen. Genaugenommen wiesen alle Frauen von EP-Männern in mindestens einer Domäne des Tests eine Einschränkung auf (Canat L et al., Int Urol Nephrol 2018). Dies vorausgeschickt kann es auch für eine Frau relevant sein, Therapien der EP zu kennen, um diese mit ihrem Partner zu besprechen. Da die schulmedizinischen Optionen recht limitiert sind, fassten Autoren nun komplementäre und alternative Therapien der EP zusammen.

Eine Ejakulation nach einer bzw. nach drei Minuten nach vaginaler Penetration wird als Ejaculatio praecox bezeichnet (lebenslange bzw. erworbene EP). Hinzu kommt die Unmöglichkeit des Zurückhaltens und daraus entstehende negative persönliche Konsequenzen (wie z. B. Frustration oder Vermeidung von sexuellen Aktivitäten). Auf der Suche nach komplementären oder alternativen Therapiemethoden werteten die Autoren nun insgesamt zehn randomisierte kontrollierte Studien aus. Zwei beschäftigten sich mit Akupunktur, fünf mit chinesischen Heilkräutern, eine mit Ayurveda und zwei mit der sogenannten „Severance Secret Cream“ (es handelt sich um eine Mischung aus Ginseng, Radix alba und zahlreichen weiteren Kräutern). Allerdings wurde in nur fünf Studien die intravaginale ejakulatorische Latenzzeit (IELT) per Stoppuhr gemessen.
 
Studien mit Bias, aber immerhin ein erstes systematisches Review
 
Akupunktur verbesserte die IELT im Vergleich zu Plazebo in einer Studie zumindest ein wenig (mittlerer Unterschied 0,55 min). In einer weiteren Studie konnte eine ayurvedische Kräutermischung die IELT immerhin um 0,80 min verlängern. Die topische Wundercreme verlängerte die Zeit bis zur Ejakulation um im Schnitt 8,6 min (in dieser Studie waren aber die Einschlusskriterien auch sehr breit; IELT <3 min).
In drei Studien wurden chinesische Kräuter mit SSRI (Fluoxetin, Sertralin) verglichen. Es wurden lediglich vorproduzierte Kräuter in den Studien analysiert, keine individuellen Mischungen (eine Studie untersuchte „Qilin“, eine „Cordyceps-Mycelium“, zwei „Yimusake“ und eine „Uighur“). Hierbei zeigten sich die SSRI zwar primär überlegen. Wenn man aber die Kräuter mit SSRI kombinierte, ergab sich ein positiver Zusatzeffekt (in zwei Studien gezeigt: +1,92 min). Im Vergleich zur alleinigen Kräutertherapie fand man für die SSRI sogar einen Zeitgewinn von +2,52 min.
Nebenwirkungen wurden zwar häufig nicht systematisch erhoben, waren aber in der Regel nur mild ausgeprägt.
Insgesamt war die Qualität der eingeschlossenen Studien aber gering, so die Autoren. Wie die Patienten in die einzelnen Therapiegruppen eingeteilt wurden, blieb häufig unklar, ebenso wie Angaben zu einer möglichen Verblindung. Dennoch, dies sei nach Wissen der Autoren die erste Übersichtsarbeit zu komplementären und alternativen Therapien bei Ejaculatio praecox überhaupt. CB
Quelle:

Cooper K et al.: Complementary and alternative medicine for management of premature ejaculation: a systematic review. Sex Med 2017; 5: e1-18

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