Ernährungsmedizin

Naturmedizin 5/2020

Ketogene Diäten gegen arzneimittelresistente Epilepsie

Bei den meisten Patienten mit Epilepsie können Anfälle durch ein oder mehrere Antiepileptika kontrolliert werden. Kann für Menschen, die weiterhin Anfälle haben (medikamentenresistente Epilepsie) eine ketogene Diät, in Betracht gezogen werden? Ein aktueller Cochrane Review ging dieser Frage nach.
Ketogene Diäten (KD) sind fettreich und kohlenhydratarm. Der Review untersuchte die Auswirkungen auf die Anfallskontrolle, das Lernen und das Gedächtnis sowie das Verhalten, und außerdem die Nebenwirkungen und die Gründe der Probanden, die ihre Teilnahme an Studien abgebrochen haben. Eingeschlossen wurden klinische Studien mit Erwachsenen oder Kindern mit Epilepsie, in denen eine KD mit anderen Behandlungen verglichen wurde. Die Untersucher fanden 13 Studien mit 932 Teilnehmern. Die Studiendauer lag zwischen zwei und 16 Monaten.
 
Ergebnisse
Kinder, denen eine KD verabreicht wird, erreichen mit bis zu dreimal höherer Wahrscheinlichkeit Anfallsfreiheit und mit bis zu sechsmal höherer Wahrscheinlichkeit eine Verringerung der Anfallshäufigkeit um 50 % oder mehr im Vergleich zu Kindern, die ihre übliche Ernährung erhalten. Obwohl die in den meisten Studien angegebenen Raten der Anfallsfreiheit recht bescheiden waren, wurde in einer Studie mehr als die Hälfte der Kinder, die eine klassische KD erhielten, anfallsfrei. Eine andere Studie berichtete, dass 85 % der Kinder, denen eine klassische KD verabreicht wurde, eine signifikante Verringerung ihrer Anzahl von Anfällen aufwiesen, verglichen mit nur etwa der Hälfte der Kinder, die eine modifizierte Atkins-Diät erhielten. Es gab keine Berichte über Anfallsfreiheit bei Erwachsenen nach KD. Hier ist die Wahrscheinlichkeit einer 50%-igen oder höheren Verringerung der Anfallshäufigkeit jedoch bis zu fünfmal gesteigert. Alle Studien berichteten, dass Menschen aufgrund fehlender Verbesserungen bei den Anfällen und mangelnder Toleranz gegenüber dieser speziellen Ernährungsform abbrachen. Erwachsene, die sich ketogen ernähren, können die Studien bis zu fünfmal häufiger abbrechen als allgemein üblich. Bei Kindern können die Abbrecherquoten in KD und anderen üblichen Behandlungsgruppen ähnlich sein. Eine Studie berichtete über die Auswirkungen von KD auf Lebensqualität, Lernen, Gedächtnis und Verhalten bei Kindern. Die Studie ergab keinen Unterschied in der Lebensqualität von Kindern nach einer KD und solchen, die die übliche Ernährung erhalten. Es gibt Hinweise, dass Kinder, die sich ketogen ernähren, aktiver, produktiver und weniger ängstlich sind.
Martin-McGill et al. weisen darauf hin, dass die berücksichtigten Studien nur eine kleine Anzahl von Personen umfassten und es methdodische Schwächen gab. Daher wurde die Gewissheit der Belege als gering bis sehr gering beurteilt. Hierzu muss man natürlich wissen, dass Cochrane-Reviews sehr strenge Maßstäbe an die Studienqualität anlegen.
 
Schlussfolgerung
Die Evidenz deutet laut den Autoren darauf hin, dass KD bei Kindern mit medikamentenresistenter Epilepsie Wirksamkeit zeigen könnten, die Evidenz für die Anwendung von KD bei Erwachsenen jedoch ungewiss bleibt. Die Untersucher haben eine begrenzte Anzahl von Studien identifiziert, die alle kleine Stichprobengrößen hatten. Aufgrund des damit verbundenen Risikos von Verzerrungen und Ungenauigkeiten, die durch kleine Studienpopulationen verursacht wurden, war der Nachweis für die Verwendung von KDs von geringer bis sehr geringer Sicherheit.
Schmackhaftere, aber verwandte Diäten wie die modifizierte Atkins-Diät können einen ähnlichen Effekt auf die Anfallskontrolle haben wie die klassische KD, könnten jedoch eventuell mit weniger nachteiligen Auswirkungen verbunden sein.
Quelle: Martin-McGill KJ et al.: Ketogenic diets for drug-resistant epilepsy. 2020. Cochrane Database of Systematic Reviews 2020, Issue 6. Art. No.: CD001903. doi: 10.1002/14651858.CD001903.pub5.

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