Als die Patientin die Praxis konsultierte, lag die Pharyngitis bereits seit einer Woche vor. Abgesehen von der Nackenschwellung und dem trockenem Husten traten keine weiteren Begleiterscheinungen auf, auch kein Fieber. Ein zuvor durchgeführter Rapid-Strep-Test und ein Test auf heterophile Antikörper waren negativ ausgefallen. Zur sicheren Abklärung einer möglichen Streptokokken-A-Infektion wurde eine Kultur mit Amoxicillin angelegt, die nach einer Woche allerdings ebenfalls negativ war. Die Symptome hatten sich in der Zeit auch nicht gebessert. Zum Zeitpunkt der Präsentation hatte die Patientin normale Vitalwerte, bilateral weiße tonsilläre Exsudate und posterior zervikale Lymphadenopathie. Aufschluss gab schließlich ein erneuter Test auf heterophile Antikörper, der diesmal positiv ausfiel. Verantwortlich für die Pharyngitis waren also keine Bakterien, sondern eine infektiöse Mononukleose. Nach der Diagnosestellung erhielt die Patientin Ibuprofen und Acetaminophen und war nach zwei Wochen wieder gesund.
Eine kleine Auffrischung der Grundlagen: Die infektiöse Mononukleose betrifft meist Jugendliche und junge Erwachsene und zeigt sich typischerweise durch Fieber, Fatigue, Lymphadenopathie und Pharyngitis. Andere Symptome können jedoch auch auftreten. Bei Personen über 40 Jahren manifestiert sich die Erkrankung seltener in Form von Lymphadenopathie und Pharyngitis, häufiger kommt es dann zu längerem Fieber, Hepatitis, Cholestase und Hepatomegalie. In etwa 90 % der Fälle wird die Erkrankung vom Epstein-Barr-Virus verursacht, die übrigen vom Cytomegalievirus, Herpesvirus 6 und HIV.
Eine leichte infektiöse Mononukleose kann sich somit auch ohne Fieber und Erschöpfung als eine unscheinbare Oropharyngotonsillitis präsentieren. Ein früh durchgeführter Test auf heterophile Antikörper kann fälschlicherweise negativ ausfallen und einen so auf die falsche Spur bringen. MR