Kleines Mineralstoff-Vademecum 2. Folge

NATUR+PHARMAZIE 10/2000

Jod - essentieller Bestandteil der Schilddrüsenhormone

In der ersten Folge unseres Mineralstoff-Vademecums (Ausgabe 9/ 2000) haben wir Ihnen den Mineralstoff Zink - einen wichtigen Baustein von Enzymen vorgestellt. In unserer heutigen zweiten Folge gehen wir auf das Spurenelement Jod - Bestandteil der Schilddrüsenhormone ein. Jod zählt zu den 17 Spurenelementen, die für den Menschen nachweislich essentiell sind, die also mit der Nahrung zugeführt werden müssen. Spurenelemente machen zwar nur 0,01 bis 0,02 Prozent des Körpergewichts eines Erwachsenen aus, die Bedeutung der essentiellen Spurenelemente, die oft als "Winzlinge mit Riesenpower" bezeichnet werden, ist jedoch ausgesprochen breitgefächert. Ein Mangel zeigt sich in zumeist charakteristischen Symptomen, kann aber auch anfangs unspezifisch aussehen.

Jod, das 1811 entdeckt wurde, ist entscheidender Bestandteil der Schilddrüsenhormone. Eines der Schilddrüsenhormone ist Thyroxin, eine jodhaltige Aminosäure, die zu den am längsten bekannten Hormonen zählt. Ein Mangel an Schilddrüsenhormonen führt nicht nur zur Kropfbildung, er betrifft über die hormonellen Steuerungswege auch zahlreiche Stoffwechselabläufe. Der Körper eines Erwachsenen enthält schätzungsweise 10 bis 20 mg Jod. Etwa 8 bis 15 mg davon sind in der Schilddrüse, als Bestandteil der Schilddrüsenhormone, lokalisiert. Ohne Jod können diese Hormone nicht gebildet werden - zahlreiche Stoffwechsel-abläufe werden dadurch gestört. Jod wird nach Abbau der Schilddrüsenhormone überwiegend über die Niere ausgeschieden, die Jodausscheidung im Urin wird häufig als brauchbarer Indikator zur Beurteilung der Jodversorgung eines Menschen herangezogen. Mit dem Stuhl gehen täglich etwa 15 bis 20 µg Jod verloren. Ausgeschiedenes Jod muss täglich durch neues ersetzt werden, da der Körper den Mineralstoff nicht speichert. Jod wirkt als entscheidender Baustein bei der Bildung der Schilddrüsenhormone. Seine Wirkung im Stoffwechsel entfaltet es ausschließlich über die Hormone Thyroxin und Trijodthyronin, die unentbehrlich für Wachstum und Entwicklung sowie für den Gesamtstoffwechsel sind. Jodmangel kann zu einer ganzen Vielfalt an Symptomen führen. Neben dem bekannten Kropf (Struma) sind dies beispielsweise Kretinismus und Missbildungen des Fötus, Entwicklungsstörungen des Neugeborenen sowie Lern- und Konzentrationsstörungen bei Kindern und Jugendlichen. Bei Erwachsenen können u.a. Arteriosklerose, Fruchtbarkeits- und Zyklusstörungen, Müdigkeit, Kälteintoleranz, trockene Haut, Obstipation und Hörminderung auf einem Jodmangel beruhen. In der Schwangerschaft ist der Jodbedarf deutlich erhöht. Eine Jodunterversorgung der Mutter führt nicht selten dazu, dass das Baby bereits mit einem Kropf zur Welt kommt. Ein Kropf entsteht durch die Vergrößerung der Schilddrüse. Bei Jodmangel kommt es automatisch zu einem Mangel an Schilddrüsenhormonen, da diese ohne den Baustein Jod nicht gebildet werden können. Den Hormonmangel versucht die Drüse durch eine Erweiterung des Gewebes auszugleichen. Sie vergrößert sich zu einem Kropf, der nicht nur ein Schönheitsmakel ist, sondern der auch Atem- und Schluckbeschwerden verursachen kann. Längeres Bestehen eines Kropfes begünstigt zudem strukturelle Veränderungen des Schilddrüsengewebes, die sich in "heißen" und "kalten" Knoten äußern können und die häufig kostenintensive chirurgische oder nuklearmedizinische Therapien zur Folge haben. Jod wird im Dünndarm sehr effektiv resorbiert und innerhalb von etwa zwei Stunden in den Extrazellulärraum des Körpers verteilt. Die Bioverfügbarkeit von Jod ist abhängig von der Einbaurate in die Schilddrüse und kann durch bestimmte Stoffe wie z.B. Fluoride, Cyanide und Dicoumarol beeinträchtigt werden. Außerdem gelten verschiedene Kohlarten, Rettich, Radieschen, Raps und Löwenzahn als "strumig" (kropffördernde) wirkende Pflanzen, die die Aufnahme von Jod in die Schilddrüse beeinträchtigen können. Darüber hinaus stehen diverse Umweltschadstoffe sowie starkes Rauchen im Verdacht kropffördernd zu wirken. Jod wurde mit der Gletscherschmelze der letzten Eiszeit aus dem Erdboden in die Meere gespült. Unsere Böden sind daher jodarm, ebenso das Grundwasser und sämtliche Nahrungsmittel mit Ausnahmevon Seefisch und anderen maritimen Produkten. Obwohl sich in den letzten Jahren die Jodversorgung deutlich verbessert hat, liegt die Jodzufuhr in der Bevölkerung immer noch deutlich unter den geltenden Empfehlungen. Die erhöhte Jodzufuhr konnte v.a. durch den verbreiteten Einsatz von jodiertem Speisesalz im Haushalt erreicht werden. Die Verwendung von Jodsalz bei der industriellen Lebensmittelproduktion ist jedoch gering und es wird grundsätzlich zum sparsamen Umgang mit Salz geraten. Die durchschnittliche tägliche Jodzufuhr von Jugendlichen und Erwachsenen beträgt nach neuesten Daten 119 µg. In Relation zu den Zufuhrempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE, siehe Tabelle) besteht somit ein Versorgungsdefizit von 60 - 80 µg pro Tag. Personengruppen mit einem erhöhten Jodbedarf (Schwangere, Stillende, Heranwachsende) sowie Risikogruppen (Vegetarier und Personen, die wenig Milchprodukte bzw. Fisch essen) sollte in der Apotheke zu einer Jodsupplementierung mit Jodtabletten geraten werden, um ihre Jodversorgung sicher zu stellen . Eine Tablette enthält 100 bzw. 200 µg Jod und trägt damit entscheidend zur täglichen Bedarfsdeckung bei. Insbesondere bei Schwangeren empfiehlt der Arbeitskreis Jodmangel 200 µg Jod pro Tag in Form von Tabletten zu supplementieren. (SC)

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