Komplementär- und alternativmedizinsiche Verfahren
Naturmedizin 5/2020
Einschätzung durch junge deutsche Allgemeinmediziner
Studien haben gezeigt, dass viele deutsche Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner komplementär- und alternativmedizinischen Verfahren (KAV) in ihrer täglichen Arbeit verwenden; diese wurden jedoch primär mit erfahrenen Ärzten durchgeführt. Eine aktuelle deutsche Studie untersuchte, wie junge Allgemeinmediziner KAV einschätzen und in welchem Umfang und wie sie solche Verfahren einsetzen.
13 Ärztinnen und Ärzte, die sich in der Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin befanden oder diese maximal vor zwei Jahren abgeschlossen hatten, wurden in problemorientierten Interviews befragt. Die Interviews wurden von Huber et al. inhaltsanalytisch qualitativ ausgewertet. Die Haltung der Teilnehmer gegenüber KAV im Allgemeinen und gegenüber einzelnen Verfahren variierte stark. Zweifel an der Evidenzbasierung und an spezifischen Effekten über Placebo hinaus wurden häufig geäußert. Dennoch waren die Teilnehmer durchgehend pflanzlichen Arzneimitteln gegenüber offen und verwendeten diese mehr oder weniger regelmäßig in der ärztlichen Routine. Andere KAV schienen aktuell selten verwendet zu werden. Die Teilnehmer setzen KAV häufig bei leichteren Erkrankungen ein, im Sinne eines ersten therapeutischen Versuchs, um nebenwirkungsreichere konventionelle Behandlungen zu vermeiden, und um den Wünschen ihrer Patienten entgegenzukommen. Die Münchner Autoren schlussfolgern, dass im Vergleich zu erfahreneren Allgemeinmedizinern die Teilnehmerinnen ihrer Studie gegenüber KAV kritischer eingestellt sind. Neben pflanzlichen Arzneimitteln wurden andere KAV nur selten eingesetzt.
Quelle: Huber C et al.: How young german general practitioners view and use complementary and alternative medicine: A qualitative study. 2020 Complement Med Res 2020. doi: 10.1159/000507073