Diabetes Typ 2

Naturmedizin 5/2019

Dysbiose durch Übergewicht und Medikamente

Ein Kieler Forschungsteam konnte zeigen, dass Veränderungen in der Zusammensetzung des Darmmikrobioms bei Typ-2-Diabetes vor allem mit Übergewicht und der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln sowie Medikamenten zusammenhängen – weniger mit der Diabetes-Erkrankung.
Die Zusammenhänge von Genetik, Ernährung und Mikrobiom erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Institut für Klinische Molekularbiologie (IKMB) der Medizinischen Fakultät an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU). Ein durchaus wichtiges Forschungsfeld, denn Diabetes- Typ-2-Patientn sind zu 86 % auch übergewichtig und ihr Darmmikrobiom weist auffällig häufig eine Verringerung von wichtigen Darmbakterien auf im Vergleich zu gesunden normalgewichtigen Menschen. Diese Bakterien, die im Darm von übergewichtigen Diabetes- Typ-2-Patienten seltener vertreten sind, erfüllen aber wichtige Funktionen im Stoffwechsel.
 
Schwierige Unterscheidung
„Da Typ-2-Diabetes meistens mit Übergewicht zusammen auftritt, ist es schwierig zu unterscheiden, welche Veränderungen der Darmbakterien spezifisch nur für Typ-2-Diabetes sind und welche für das Übergewicht“, erklärt Prof. Andre Franke, Direktor am IKMB und Vorstandsmitglied im Exzellenzcluster „Precision Medicine in Chronic Inflammation“ (PMI), die Ausgangslage. In enger Zusammenarbeit mit Prof. Curtis Huttenhower von der Harvard T. H. Chan School of Public Health in Boston hat sich das Team um Franke daher gezielt dieser Fragestellung angenommen.
1.280 Stuhlproben von normalgewichtigen und übergewichtigen Menschen mit Typ-2-Diabetes wurden zu diesem Zweck untersucht. Die Untersuchungen zeigen, dass das Mikrobiom bei den übergewichtigen Personen – sowohl mit als auch ohne Typ-2-Diabetes – gegenüber den normalgewichtigen deutlich verändert ist. Der Unterschied zwischen Menschen mit und ohne Typ-2-Diabetes war dabei relativ gering.
„Die bisher beobachtete deutliche Verringerung der Artenvielfalt der Darmbakterien hängt bei diesen Menschen also vor allem mit dem Übergewicht und weniger mit dem Diabetes zusammen“, erklärt die Erstautorin der Veröffentlichung, die Dänin Louise Thingholm
 
Einfluss von Medikamenten
Weiter untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, welchen Einfluss die regelmäßige Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln und Medikamenten auf das Darmmikrobiom hat.
Das Ergebnis: Sowohl Medikamente wie Blutdrucksenker, Schmerzmittel, Antidepressiva und Antidiabetika als auch Nahrungsergänzungsmittel wie Magnesium, Vitamine, Calcium und vor allem Eisen verändern das Darmmikrobiom merklich. „Solche Stoffe, von denen sich viele Menschen eine gesundheitsfördernde Wirkung erhoffen, verändern unsere Darmbakterien. Damit beeinflussen sie auch, wie wir unsere Nahrung verarbeiten, und könnten möglicherweise auch eine Rolle bei Stoffwechselerkrankungen spielen“, so Franke.
Mit bioinformatischen Methoden hat das Forschungsteam die beobachteten Mikrobiomveränderungen bei den Menschen mit Typ-2-Diabetes um diesen Einfluss korrigiert. So konnten sie einzelne Bakterienarten identifizieren, die spezifisch bei Typ-2-Diabetikerinnen und -Diabetikern stärker vertreten sind.
Ein genaueres Verständnis der Mikrobiomveränderungen könnte helfen, Übergewicht und Typ-2-Diabetes besser vorzubeugen und zu behandeln. Deshalb bemühen sich die Forscher um Fördermittel zur weiteren Erforschung.
Quelle: Tringholm LB et al.: Obese Individuals ... Cell Host Microbe 2019; 26(2): 252-264. e10.

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