Morbus Parkinson

Praxis-Depesche 1-2/2018

Die Erkrankung beginnt im Darm

Aktuelle Studien deuten darauf hin, dass das Darmmikrobiom die Gehirnaktivität beeinflusst, und zwar über die Mikrobiom-Darm-Hirn-Achse. Diese Achse spielt bei verschiedenen neurologischen Erkrankungen wie dem Morbus Parkinson eine wichtige Rolle. Kann eine Dysfunktion der Mikrobiom-Hirn-Achse als Biomarker zur frühen Diagnose der Parkinson-Erkrankung herangezogen werden?

Kommentar

Die Mikrobiom-Darm-Hirn-Achse ist ein bidirektionaler Kommunikationsweg zwischen ZNS und Gastrointestinaltrakt. Sie ist verantwortlich für die Modulation des Verdauungsprozesses, das Immunsystem sowie die Wahrnehmung und emotionale Reaktion auf viszerale Stimuli. Die Achse beinhaltet das autonome und enterische Nervensystem sowie das neuroendokrine und neuroimmunologische System. So wird beispielsweise die Dopamin-Synthese im Gehirn durch Dopamin-produzierende Enzyme induziert, deren Synthese oder Hemmung vom Mikribiom des Darms über die Mikrobiom-Darm-Hirn-Achse kontrolliert wird. Verschiedene Erkrankungen wie Angststörungen und Depression, aber auch Entzündungen des Gastrointestinaltrakts und Motilitätsstörungen sind wohl auf eine Fehlfunktion dieser Achse zurückzuführen.

Die Aufmerksamkeit der Parkinson-Forscher richtet sich seit einiger Zeit auf die schon weit im Vorfeld der Erkrankung auftretenden nicht-motorischen Symptome (NMS). Besonderes Augenmerk gilt der gestörten Darmfunktion und hier vor allem der Mikrobiom- Darm-Hirn-Achse.
Bei rund 80% der Parkinson-Patienten ist bereits Jahre vor Manifestation der NMS die Funktion des Gastrointestinaltrakts beeinträchtigt. Durch eine Darmentzündung wird auch das Mikrobiom des Darms beeinträchtigt. So wurden bei Parkinson-Patienten beispielsweise eine erhöhte Besiedlung mit Helicobacter pylori, Enterobakterien und eine Fehlbesiedlung des Dünndarms sowie eine verringerte Prevotellacea-Konzentration festgestellt.
Die Neurodegeneration im Gehirn ist dabei nach aktuellem Kenntnisstand das Endergebnis einer Ereigniskaskade, die im Darm mit einer Entzündung beginnt. Dadurch wiederum wird eine systemische Entzündung gefördert und die Permeabilität der Blut-Hirn-Schranke erhöht. Außerdem gelangt a- Synuclein über den Vagusnerv in das Gehirn. Alles zusammen führt zur Neuroinflammation und schließlich zur Neurodegeneration.
Zu den NMS bei PD-Patienten gehören also gastrointestinale Symptome wie Obstipation, enterische a-Synuclein-Ablagerungen, eine veränderte intestinale Durchlässigkeit, Fehlbesiedlung des Dünndarms und Darmentzündungen. Die Entwicklung dementsprechender Biomarker, mit denen Parkinson-Risikopatienten frühzeitig entdeckt werden können, ist zur Zeit ein Schwerpunkt in der Forschung. GS
Quelle:

non-invasive early diagnostic biomarkers in the pathophysiology of parkinson`s disease: a critical review. J Neurogastroenterol Motil 2018, 24(1): 30-42

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