Mann mit gefalteten Händen

35. Jahrestagung der European Association of Urology (EAU), Juli 2020

Praxis-Depesche 9-10/2020

Diagnostik im Wandel

Auf dem größten Urologie-Kongress Europas wurde auch dieses Jahr wieder eine ganze Reihe spannender Studienergebnisse vorgestellt. Darunter: die Rolle des PSMA-PET/CT in der Diagnostik von Prostatakarzinomen und ein neuer Handlungsleitfaden zur Abklärung der Hämatospermie.
Stoßwellentherapie und PDE-5-Hemmer vergleichbar effektiv
Wie in früheren klinischen Studien bereits angeklungen ist, stellt die extrakorporale Stoßwellentherapie niedriger Intensität (Li-ESWT) eine wirksame Alternative zur Behandlung von Erektionsstörungen dar. Ein chinesisches Forscherteam untersuchte jetzt, wie effektiv die Li-ESWT im Vergleich zu einer Pharmakotherapie mit PDE- 5-Hemmern ist. Dazu erhielten 72 Männer mit leichten Erektionsstörungen randomisiert über vier Wochen entweder eine Stoßwellentherapie oder täglich 5 mg Tadalafil. In beiden Gruppen wurde eine signifikante Verbesserung der erektilen Symptome beobachtet. Ein relevanter Unterschied zwischen den Behandlungsoptionen ergab sich dabei nicht. Als Parameter dienten unter anderem der International Index of Erectile Function (IIEF-5), nächtliche Rigiditätsmessungen sowie eine Doppler- Sonographie des Schwellkörpers.
Allerdings wirft die Studie – trotz des randomisierten Designs – methodische Fragen auf. So beschränkte sich die Behandlungsdauer auf nur vier Wochen, wobei die Stoßwellen lediglich einmal wöchentlich appliziert wurden.
 
Neuer Goldstandard für Staging des Prostatakarzinoms?
Im Rahmen der „Game Changing Session“ präsentierten Forscher ein Highlight des diesjährigen EAU: die prospektive Phase- 3-Studie ProPSMA. Diese sollte klären, ob die konventionell für das Primär-Staging von Prostatakarzinomen eingesetzten Bildgebungstechniken durch das neue Verfahren des PSMA-PET/CT ersetzt werden können. Dazu wurden Patienten mit unbehandeltem Prostatakarzinom und Hochrisikomerkmalen auf zwei Gruppen randomisiert: Bei der einen Hälfte wurde die herkömmliche Bildgebung mittels CT und Knochenszintigraphie durchgeführt, bei der anderen Hälfte ein PSMA-PET/CT. Nach einer Beobachtungszeit von sechs Monaten wurde die Genauigkeit der initialen Bildgebung bestimmt. Histopathologische und biochemische Parameter sowie weitere Bildgebung dienten als Referenz.
Das Ergebnis: Die Genauigkeit der PSMAPET/ CT war um 27 % höher als die konventioneller Verfahren. Die Sensitivität der PSMA-PET/CT für den Nachweis von Fernmetastasen und Metastasen im kleinen Becken war dabei um 47 % gesteigert. Es wurden wenig unklare Ergebnisse und eine hohe Übereinstimmung der Befunder beobachtet, was für die Einfachheit der Befunderhebung mittels PSMA-PET/CT spricht.
 
Hämatospermie häufiger bösartig als angenommen
In vielen Fällen bleibt der Grund einer Hämatospermie unklar. Zwar geht man davon aus, dass maligne Ursachen selten sind, jedoch ist die Evidenz für diese Behauptung gering und stammt vor allem aus kleineren Fallserien. In einer am University College Hospital in London durchgeführten Studie ermittelte man deshalb die Inzidenz zugrundeliegender urogenitaler Pathologien. Dazu wurden die Daten von knapp 400 Männern mit einmaliger oder rezidivierender Hämatospermie retrospektiv ausgewertet. Die Urin- sowie die Ejakulatkultur wies nur bei einem relativ geringen Anteil von Patienten Pathologien auf (4 % bzw. 6,6 %). Anders beim transrektalen Ultraschall, bei dem in fast 60 % der Fälle Auffälligkeiten entdeckt wurden: Am häufigsten waren Prostatazysten (10 %) und Steine im Ejakulationsgang (8 %). Mit mehr als 5 % lag außerdem die Inzidenz von Prostatakarzinomen überraschend hoch. Wichtige Risikofaktoren waren ein Alter von über 40 Jahren sowie eine persistierende Hämatospermie.
Auf Basis der Vorgeschichte des Patienten und den identifizierten Risikofaktoren haben die Autoren einen Handlungsleitfaden entwickelt, der zu einer besseren diagnostischen Abklärung der Hämatospermie beitragen soll (online einzusehen unter eau-today.de; Satchi M et al., 726). RG
ICD-Codes: N50.1
Urheberrecht: andranik123

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