Körperliche Aktivität Jugendlicher

Naturmedizin 3/2020

Depressive Couch-Potatoes

Zertifizierte Fortbildung
Die täglich absolvierten Schritte zu zählen, ist längst ein Trend. Körperliche Aktivität ist wichtig für die Gesundheit und das geistige Wohlbefinden. Zu langes Sitzen sollte vermieden werden. Laut einer aktuellen Studie sind Jugendliche heutzutage jedoch mit zunehmendem Alter deutlich weniger körperlich aktiv und verbringen mehr Zeit im Sitzen. Dieses Verhalten korreliert den Ergebnissen einer neuen Studie nach anscheinend mit einem höheren Risiko für Depressionen.
Fakt ist, dass die Inzidenz für Depressionen in den letzten 20 Jahren stetig angestiegen ist. Oftmals treten depressive Symptome erstmals im Jugendalter auf. Es scheint essenziell wichtig zu sein, modifizierbare Risikofaktoren in dieser Entwicklungsphase zu identifizieren. Eine Annahme ist, dass eine inaktive Lebensweise mit depressiven Symptomen bei Jugendlichen assoziiert ist. Diese Verbindung haben englische Forscher nun näher untersucht. In einer prospektiven Kohortenstudie mit 4.257 Jugendlichen, die über sechs Jahre nachverfolgt wurden, haben sie die in wachem Zustand sitzend oder liegend und körperlich aktiv verbrachte Zeit der Probanden mit einem Beschleunigungssensor im Alter von 12, 14 und 16 Jahren gemessen. Die Beschleunigungssensoren wurden jeweils für sieben Tage getragen.
 
Rumsitzen macht junge Menschen depressiv
Die Aktivität wurde in drei Kategorien eingeteilt: hohe Aktivität (≥ 3.600 Events pro Minute, z. B. schnelles Gehen/Joggen), leichte Aktivität (200-3.599 Events pro Minute, z. B. langsames Gehen) und statische Aktivität (≤ 199 Events pro Minute, z. B. sitzen/liegen). Das Vorhandensein einer Depression wurde anhand des CIS-R (= Clinical Interview Schedule-Revised) Fragebogens ermittelt, der im Alter von 18 Jahren von den Probanden ausgefüllt wurde. Mit dem CIS-R können das Auftreten und die Schwere von depressiven Symptomen in der vergangenen Woche ermittelt werden.
Den Ergebnissen nach nahm die totale körperliche Aktivitätszeit zwischen 12 und 16 Jahren ab. Es wurde eine Abnahme der leichten Aktivität von durchschnittlich 325 min/d im Alter von 12 Jahren auf 245 min/d mit 16 Jahren verzeichnet. Die sitzend oder liegend verbrachte Zeit nahm hingegen deutlich von 431 min/d auf 523 min/d zu. Höhere Deppressionsscores (Anstieg um bis zu 11 %) im CIS-R waren mit einem Anstieg von einer Stunde mehr Sitzen am Tag assoziiert. Im Vergleich dazu korrelierten niedrigere Scores im CIS-R mit einer höheren körperlichen Aktivität zwischen 12 und 16 Jahren. Insgesamt war das Risiko für depressive Symptome um 28,2 % höher bei Probanden, die täglich viel saßen im Vergleich zu körperlich aktiveren Probanden (Inzidenzratenverhältnis [= IRR] = 1,282). Jugendliche mit konstant hohen Leveln an leichter körperlicher Aktivität hatten ein um 19,4 % geringeres Risiko für hohe Depressionsscores als wenig aktive Jugendliche (IRR = 0,804). Durchschnittliche Level an leichter oder hoher Aktivität hatten wiederum keinen Einfluss auf den CIS-R Score. Kovarianzen waren u. a. Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, sozialer Status der Mutter, IQ, die psychiatrische Anamnese der Eltern. Es konnten jedoch keine Interaktionen zwischen diesen festgestellt werden. Bereits geringe körperliche Aktivität scheint damit einen positiven Einfluss auf das Depressionsrisiko zu haben, wenn diese konstant ausgeführt wird. Primäre Präventionsmaßnahmen zur Erhöhung der leichten körperlichen Aktivität bei Jugendlichen versprechen damit gute Ergebnisse.


Hinweis: Dieser Artikel ist Teil einer CME-Fortbildung.

Quelle: Kandola A et al.: Depressive symptoms and objectively measured physical activity and sedentary behaviour throughout adolescence: a prospective cohort study. Lancet Psychiatry. 2020;7(3):262-271. DOI: 10.1016/S2215- 0366(20)30034-1

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