Metaanalyse zu verschiedenen Schmerzstudien

Neuro-Depesche 3/2020

Cannabinoide wirksamer als Placebo?

Etliche Erfahrungen deuten darauf hin, dass Cannabinoide bei Schmerzpatienten ein therapeutisches Potenzial haben. Angesichts einer heterogenen bzw. inkonsistenten Ergebnislage in Studien mit sehr unterschiedlichen Schmerzformen führte nun ein US-Team eine Metaanalyse und -regressionsanalyse von 25 klinischen Studien durch. Sie unterschieden dabei zwischen natürlichen und synthetischen Cannabinoiden.
Kommentar
Die Therapie chronischer Schmerzzustände mit Opioiden ist besonders in den USA aufgrund hoher Suchtraten und vieler Todesfälle in Verruf geraten. Die Ergebnisse dieser Metaanalyse legen nahe, dass Cannabis-basierte Pharmakotherapien eine wirksame Ersatz- oder auch Zusatztherapie sein könnten. Die Autoren betonen, dass ggf. auf mögliche nachteilige Effekte auf die Kognition, die in dieser Metaanalyse nicht auswertbar waren, zu achten ist.
Ihr Suchstring lautete „Cannabis OR cannabinoids OR delta-9-tetrahydrocannabinol OR THC OR cannabidiol OR CBD OR marijuana OR nabilone OR dronabinol OR nabiximols AND pain OR noxious OR analgesia OR visual analog scale OR VAS OR numeric rating scale OR NRS“.Damit identifiziert wurden 15 Studien im Parallelgruppen- und 10 im Crossover-Design mit insgesamt 2.248 Teilnehmern (51,57 % Frauen). Die Patienten im Alter von 43,50 bis 62,80, durchschnittlich 52,09 Jahren litten in sieben Studien unter neuropathischen, in vier unter Krebs-bedingten und in je drei unter Diabetes- oder MS-assoziierten Schmerzen. In je einer Studie waren es Bauchschmerzen, Gelenkschmerzen, „chronische Schmerzen“, Fibromyalgie, Kopfschmerz, HIV-assoziierte, postoperative und „verschiedene“ Schmerzen.
In fünf Studien waren Ganzpflanzen-Cannabis, in elf Pflanzen-Extrakte und in neun Studien die synthetischen Cannabinoide Dronabinol, Nabilone und CT3 eingesetzt worden. Nach den Basis- und Endpunktdaten (numerische Ratingskalen, Visuell- Analog-Skalen etc.) wurden die jeweiligen Effektgrößen (Cohens‘d) berechnet.
Über alle Studien hinweg ging die Verabreichung von Cannabinoiden mit einem mittleren bis großen subjektiven schmerzlindernden Effekt einher (Cohens’d: -0,58; 95 %-KI: -0,74 bis -0,43). Dagegen zeigte sich für die Placebo-Gabe nur eine kleine bis mittlere Effektgröße (Cohens’d: -0,39; 95 %-KI: -0,52 bis -0,26). Der Unterschied war signifikant (p <0,05).
Dabei bestand jeweils eine beträchtliche Heterogenität zwischen den Cannabinoidbzw. Placebo-Effektgrößen (I2: 91,47 % bzw. 92,66 %). Außerdem zeigten kleinere Studien stärkere Effekte auf die Schmerzlinderung als größere (p < 0,05). Die galt tendenziell auch für Studien mit höherem Frauenanteil (p = 0,09).
 
Natürliche versus synthetische Cannbinoide
Die Meta-Regression bestätigte, dass nach Kontrolle auf andere Variablen sowohl natürliche als auch synthetische Cannabinoide signifikant besser wirkten als Placebo. Dabei fiel die Schmerzreduktion unter natürlichen Cannabinoiden (β: -0,43, 95 %-KI: -0,62 bis -0,24; p <0,05) etwas stärker aus als unter synthetischen Cannabinoiden (β: -0,39, 95 %-KI: -0,65 bis -0,14; p < 0,05). HL
Quelle: Yanes JA et al.: Effects of cannabinoid administration for pain: A meta-analysis and meta-regression. Exp Clin Psychopharmacol 2019 27(4): 370-2
ICD-Codes: R52.2

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x