Ungefähr 30 % der Patienten nutzen komplementäre Methoden

Naturmedizin 4/2019

CAM-Therapien bei multipler Sklerose

US-amerikanische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler führten eine prospektive Studie durch, um zu evaluieren, wann, warum und welche CAM-Therapien Patienten mit multipler Sklerose in Anspruch nehmen. Einen Einfluss haben das Geschlecht, der Bildungsstand, die Grundtherapien und der Krankheitsverlauf.
Für die entzündliche, demyelinisierende multiple Sklerose (MS) gibt es keine Heilung, die verlaufsmodifizierende Therapie stützt sich auf Immunmodulation und Immunsuppression mit beta-Interferonen und weiteren Wirkstoffen. Nicht alle Patienten reagieren gut auf die medikamentöse Therapie, die oftmals auch mit Nebenwirkungen behaftet ist. MS-Patienten benötigen ein individualisiertes Therapieschema zur Behandlung ihrer spezifischen Symptome. Einige MS-Patienten nehmen CAM-Therapien in Anspruch, vor allem zum Symptommanagement, in der Hoffnung, die Lebensqualität zu verbessern. Laut einer Studie (Nayak et al.) nehmen bis zu 57,1 % der Betroffenen mindestens ein komplementärmedizinisches Angebot in Anspruch oder haben es ausprobiert. Besonders Akupunktur und chinesische Kräutertherapie, Massage, Physiotherapie, Magnettherapie, Yoga, Meditation und Achtsamkeit werden von MS-Patienten in Anspruch genommen – so die Daten für Amerika. Der Hauptfokus der Patienten liegt hier auf Muskelkräftigung, Gleichgewichtstraining, Schmerzmanagement und Hilfe bei psychischem Stress.
 
CAM-Therapien und multiple Sklerose
Obwohl einige Studien vorliegen, besteht nach wie vor Bedarf an groß angelegter und gut konzipierter Forschung zu CAMMethoden bei MS. Ein Forscherteam der Pharmaceutical Sciences and Neurology an der State University of New York leistete hierzu nun einen neuen Beitrag. 524 MS-Patienten und 304 gesunde Menschen beiderlei Geschlechts ab 18 Jahren wurden in die prospektive Studie zum Nutzungsverhalten von CAM-Therapien aufgenommen. Die Mehrheit der Teilnehmerinnen waren mit 70,8 % weiblichen Geschlechts. Es wurden klinische, bildgebende und krankheitsmodifizierende Behandlungsdaten erhoben. Darüber hinaus wurden Daten über die Verwendung von CAM-Angeboten, einschließlich Akupunktur, Aromatherapie, Ayurveda, chinesische Kräutermedizin, Chiropraktik, Elektrotherapie, Homöopathie, Hypnose, Massage, Naturheilkunde, Qigong, Reiki, therapeutische Berührung und Bienengifttherapie in einem persönlichen Interview gesammelt.
 
Therapien und Ziele
Die Befragungen ergaben: MS-Patienten nutzten ungefähr genauso häufig CAM-Therapien (32 %) wie die gesunden Kontrollteilnehmer (30,5 %). Die MS-Patienten wählten aber häufiger erst nach erfolgter Diagnose eine CAM-Therapie, die Inanspruchnahme stieg um durchschnittlich 15,7 % nach Diagnose.
Die drei am häufigsten von MS-Patienten verwendeten CAM-Therapien waren Chiropraktik (21,6 %), Massage (14,6 %) und Akupunktur (10,3 %).
Die häufigsten Gründe für den Einsatz bzw. Inanspruchnahme von CAM waren die allgemeine Symptomlinderung (30,3 % der Befragten), Rückenprobleme (23,6 % der Befragten) und Schmerzzustände (11,5 % der Befragten). Die gesunden Kontrollgruppenteilnehmer verwendeten ebenfalls am häufigsten Chiropraktik (27,3 %), Massage (16,7 %) und Akupunktur (6,5 %).
 
Patientenstruktur
Mehr weibliche (33,4 %) Patientinnen verwendeten nach MS-Diagnose CAMTherapien. Männliche Patienten wählten nur zu 23,3 % alternative und komplementäre Heilverfahren. Bei der Wahl der Methode gibt es keine Geschlechtsunterschiede, außer bei der Massage, die Frauen häufiger wählten als Männer.
Das Alter der MS-Patientinnen und Patienten hatte keine statistisch signifikante Auswirkung auf die Wahl der Therapie, der Bildungsstand hingegen schon. Je höher die Bildung, desto häufiger wurden CAMTherapien in Anspruch genommen. MS-Patienten mit postgradualen Abschlüssen setzten zu 55,2 % auf CAM-Therapien, Patienten mit abgeschlossenem Studium zu 41,4 %. MS-Patienten mit High-School-Abschluss dagegen nur zu 22,1 %. CAM-Therapien sind beliebt, die Akzeptanz steigt. Sie könnten die Lebensqualität von MS-Patienten verbessern, weshalb weitere Forschung dringend notwendig ist.
Quelle: Kim S et al.: Complementary and alternative medicine usage by multiple sclerosis patients: results from a prospective clinical study. J Altern Complement Med. 2018 (6): 596-602

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