Diabetiker mit schweren psychischen Erkrankungen

Praxis-Depesche 7/2018

Bewegung und gute Ernährung fällt oft schwer

Eine gute Diabetes-Kontrolle beruht nicht nur auf der Medikation, sondern auch auf einem optimalen Selbstmanagement der Patienten. Letzteres fällt vor allem Diabetikern, die zusätzlich an einer schweren psychischen Erkrankung leiden, aber oft schwer.

Für eine gute Diabetes-Kontrolle müssen Diabetiker idealerweise ihre Medikamente regelmäßig einnehmen, sich gesund ernähren, regelmäßig körperlich aktiv werden, das Rauchen aufgeben, den Glucosespiegel überwachen und ihre Füße regelmäßig untersuchen. Insbesondere Glucosemonitoring und Fußpflege werden aber häufig vernachlässigt.
Dies trifft besonders für Patienten mit einer schweren psychischen Erkrankung zu, die aber besonders Diabetes-gefährdet sind. Mehrfach haben Studien belegt, dass sie ein schlechteres Outcome aufweisen als Diabetiker ohne psychische Erkrankungen, eben aufgrund des mangelhaften Selbstmanagement. Britische Wissenschaftler untersuchten daher, wo genau die Hürden dafür liegen.
Hierfür wurden 77 psychisch schwer erkrankte Diabetiker anhand verschiedener Fragebögen anonym zur Diabetesakzeptanz befragt. Das Selbstmanagement-Verhalten prüfte man mit dem SDSCA (Summary of Diabetes Self-Care Activities), der folgende Parameter umfasst: Selbstüberwachung des Glucosespiegels, Fußpflege, verschiedene Ernährungsaspekte, körperliche Aktivität, Nikotinkonsum und Medikamenteneinnahme. Zudem beantworteten sie den CORE-10 (Kurzfragebogen zu psychischen Problemen), Fragen zu Hürden im Diabetes-Selbstmanagement und das „Diabetes UK care survey“ mit 14 essenziellen Aspekten zur Gesundheit von Diabetikern.
41 der 77 Studienteilnehmer (53,2%) waren männlich. Das Durchschnittsalter lag bei 52,3 Jahren. 32 (41,6%) waren an einer bipolaren Störung erkrankt, 28 (36,4%) an einer Schizophrenie. Die restlichen Teilnehmer wiesen eine Depression oder schizoaffektive Erkrankung auf. 52 (67,5%) nahmen nur orale Antidiabetika ein, vier (5,2%) spritzten nur Insulin, sechs (7,8%) wurden mit Insulin und Antidiabetika behandelt. Bei immerhin 15 Patienten (19,5%) genügte eine Anpassung des Lebensstils.
Am schwierigsten zu bewältigen waren für die meisten Patienten die Empfehlungen zu körperlicher Aktivität und Ernährung (37,7 bzw. 35,1%), gefolgt von Nikotinkonsum (20,6%), Glucosemonitoring (6,5%), Anwendung der Diabetes-Medikamente (6,5%) und Fußpflege (5,2%). Über 75% der Studienteilnehmer gaben an, dass sie über Diabetes und den Umgang mit der Erkrankung Bescheid wissen. Sie waren sich auch darüber bewusst, dass eine schlechte Diabetes-Kontrolle gesundheitliche Folgen haben kann. Über 80% berichteten, dass sie sich in Zukunft mehr um das Selbstmanagement der Erkrankung kümmern wollten. Doch etwa die Hälfte der Patienten sah das Management ihrer psychischen Erkrankung als wichtiger an als die Diabetes-Therapie. Etwa jeder Zweite gab Schwierigkeiten bei der Etablierung von Routinemaßnahmen im Diabetes-Selbstmanagement an. 75% berichteten, dass sie bei schlechter psychischer Gesundheit Probleme mit der Diabetes-Kontrolle haben.
Die Autoren fordern dazu auf, psychisch schwer erkrankte Diabetiker im Selbstmanagement des Diabetes verstärkt zu unterstützen. Dazu schlagen sie vor, den Patienten maßgeschneiderte Interventionen z. B. für die Körperpflege anzubieten, Routineabläufe zu etablieren, und die Patienten angemessen psychologisch zu unterstützen. GS
Quelle:

Mulligan K et al.: Barriers to effective diabetes management ... BMC Psychiatry 2018; 18: 165

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