Randomisierte, kontrollierte Studie

Naturmedizin 3/2021

Atmen gegen den Druck

Die Leitlinien der American Heart Association betonen die Bedeutung von Lebensstilinterventionen wie regelmäßiger Bewegung und Yoga als alternativen Ansatz für das Management des Bluthochdrucks. Die Praxis des Yogas beinhaltet unter anderem Atemübungen, die eine signifikant senkende Wirkung auf den Blutdruck zu haben scheinen. Eine Studie untersuchte die Wirkung der Yoga-Atemtechnik Sheetali pranayama auf die autonome Funktion des Herzens bei Patienten mit primärer Hypertonie.
Pranayama ist ein Wort aus dem Sanskrit. „Prana“ bedeutet „Lebensenergie“, „Ayama“ so viel wie „kontrollieren“ auch „erweitern“. Es geht um die bewusste und achtsame Einflussnahme auf die Atmung. Die Autoren, Thanalakshmi et al. gehen davon aus, dass verschiedene Pranayamas individuelle physiologische und kardiovaskuläre Reaktionen hervorrufen und dass der Hauptmechanismus, durch den Pranayama den Blutdruck beeinflusst, folgender ist: Durch eine verbesserte Barorezeptorempfindlichkeit verändert sich das Gleichgewicht zwischen parasympathischem und sympathischem Nervensystem. Die genauen kardiovaskulären und autonomen Effekte von Sheetali Pranayama (SP) als Einzelintervention auf die Hypertonie sind laut den Autoren bisher nicht bekannt.
Eingeschlossen in die Studie wurden Menschen zwischen 18 und 60 Jahren, die in den zurückliegenden 3 Monaten vor der Studie kein Yoga praktiziert haben und Nichtraucher:innen sind. 100 Patient:innen mit primärer Hypertonie wurden randomisiert einer Interventionsgruppe (IG) mit SP und einer Kontrollgruppe (KG) ohne SP zugeordnet. Die Teilnehmer der IG übte SP über insgesamt 3 Monate. Primärer Endpunkt war der Effekt von SP auf die kardiale autonome Funktion über die Messung der Herzfrequenzvariabilität; sekundärer Endpunkt war die Messung des Einflusses von SP auf Variablen des Ruheblutdruckes. Vor und nach der Intervention wurde gemessen.
Blutdruck und Herzfrequenz wurden jeden Tag gemessen und verschiedene Blutdruckvariablen errechnet, wie Pulsamplitude, mittlerer arterieller Druck oder Druck-Frequenz-Produkt.
Für die Messung der Herzfrequenzvariabilität wurden die Patienten gebeten, 24 Stunden vorher ihren normalen Schlaf-Wach-Rhythmus beizubehalten, keine Getränke zu sich zu nehmen, die Koffein oder Alkohol enthalten und keine sportlichen Übungen zu machen. Der Test wurde morgens 2 Stunden nach einem leichten Frühstück durchgeführt. Die Patienten nahmen weiter entweder Betablocker bzw. Kalziumkanalblocker nach Verordnung durch den behandelnden Arzt.
 
Intervention & Ergebnisse
Ein qualifizierter Yogalehrer und Naturheilpraktiker leitete SP an: Die Patienten rollen ihre Zunge zu einer Art Schlauch und atmen so mit geschlossenen Augen ein. Das langsame Ausatmen erfolgt durch beide Nasenlöcher. Die Teilnehmer wurden gebeten, dieses jeweils in einer Runde 10-mal zu wiederholen, dann 2 Minuten Pause zu machen und dies täglich 30 Minuten zwischen 7:00 und 9:00 Uhr bei leerem Magen zu üben. Die IG zeigte eine signifikante Reduktion des Blutdruckvariablen im Vergleich zur KG. Kurzfristig zeigten Herzfrequenzvariabilität und andere Zeit- und Frequenzparameter eine parasympathische Dominanz in der IG.
Die Autoren interpretieren ihre Ergebnisse so: SP senkt den Blutdruck bei Patienten mit primärer Hypertonie signifikant und es verbessert die Herzfrequenzvariabilität. Die kühlende Pranayama-Technik, die für diese Studie ausgesucht wurde, war für die Patient:innen einfach durchzuführen, einfacher als andere Atemübungen, die schnelles Atmen oder Techniken wie das Zuhalten eines Nasenloches erfordern. Es wurden keine Nebenwirkungen beobachtet. SP könnte laut den Autoren komplementär zur regulären Medikation ein wertvoller Bestandteil des Managements des Bluthochdrucks und anderen damit zusammenhängenden kardialen Risikofaktoren sein.
Quelle: Thanalakshmi J et al.: Effect of sheetali pranayama on cardiac autonomic function among patients with primary hypertension – A randomized controlled trial. Complement Ther Clin Pract. 2020 May; 39: 101138. doi: 10.1016/j.ctcp.2020.101138

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