„Wir konnten zeigen, dass die kurzkettigen Fettsäuren Butyrat und insbesondere Pentanoat in der Lage sind, die zytotoxische Aktivität von CD8-T-Zellen zu steigern“, beschreibt Dr. Maik Luu, Postdoc im Labor von Professor Michael Hudecek in der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des Würzburger Universitätsklinikums, das zentrale Ergebnis der jetzt veröffentlichten Studie. CD8-T-Zellen werden bisweilen auch Killerzellen genannt. Als Teil des Immunsystems ist es ihre Aufgabe, für den Organismus schädlich Zellen gezielt zu töten.
Kurzkettige Fettsäuren wiederum gehören zur dominantesten Klasse von Stoffwechselprodukten des Darmmikrobioms. Sie können auf der einen Seite den Stoffwechsel von T-Zellen ankurbeln, indem sie zentrale Regulatoren des Energiestoffwechsels induzieren. Auf der anderen Seite können sie spezielle Enzyme hemmen, welche in den T-Zellen die Zugänglichkeit zum Erbgut und somit die Gen-Expression regulieren. Dabei rufen sie epigenetische Veränderungen hervor. „Wenn kurzkettige Fettsäuren CD8-T-Zellen umprogrammieren, führt dies unter anderem zu einer gesteigerten Produktion entzündungsfördernder und zytotoxischer Moleküle“, erklärt Luu. Im Experiment steigerte eine Behandlung mit der Fettsäure Pentanoat die Fähigkeit von Tumor-spezifischen T-Zellen, solide Tumormodelle zu bekämpfen. „Denselben Effekt konnten wir bei der Bekämpfung von Tumorzellen mit sogenannten CAR-T-Zellen beobachten“, sagt der Wissenschaftler. CAR-T-Zellen sind ausgeschrieben „Chimäre Antigen-Rezeptor-T-Zellen“. Während normale T-Zellen gegenüber Tumorzellen weitgehend „blind“ sind, sind CAR-T-Zellen dank einer gentechnologischen Veränderung in der Lage, spezifische Ziel-Antigene auf der Tumoroberfläche zu erkennen und die Krebszellen zu vernichten. Michael Hudecek ist einer der führenden Experten auf dem Gebiet der CAR-T-Zell-Forschung. „Die Ergebnisse sind somit ein Beispiel dafür, wie Stoffwechselprodukte der Darmbakterien den Stoffwechsel und die Gen-Regulation unserer Zellen verändern und damit die Effizienz von Tumortherapien positiv beeinflussen können“, sagt Maik Luu. Davon profitieren könnte insbesondere der Einsatz von CAR-T-Zellen gegen solide Tumore. In diesen Fällen ist eine Therapie mit den genetisch veränderten Zellen bislang nämlich deutlich weniger effektiv als die Behandlung hämatologischer Tumorerkrankungen wie etwa einer Leukämie. Ändern könnte sich dies, wenn die CAR-T-Zellen vor ihrem Einsatz beim Patient:innen mit Pentanoat oder anderen kurzkettigen Fettsäuren behandelt wurden, so die Hoffnung. Über die Zusammensetzung der bakteriellen Darmbesiedlung ließe sich dieser Effekt möglicherweise gezielt nutzen – zumal Luu und die weiteren an der Studie Beteiligten auch den wesentlichen Pentanoat-Produzenten der Darmflora identifizieren konnten: das Bakterium Megasphaera massiliensis.
Bis die neuen Erkenntnisse zu neuen Therapien für Krebspatient:innen führen, ist es allerdings noch ein weiter Weg.